Rheinische Post: Türkei an zwei Fronten

von Matthias Beermann

Seit vergangener Woche beteiligt sich die Türkei aktiv am Kampf
gegen den „Islamischen Staat“. Doch wie es scheint, gelten in Ankara
die blutrünstigen Dschihadisten gar nicht als die größte Bedrohung.
Für die türkische Führung steht der wahre Feind weiter in der
kurdischen Ecke. Ihre Angst vor einem möglichen Kurdenstaat ist
größer als die vor einem Terror-Kalifat. Die Folge: Statt die Kurden
als Verbündete gegen die Terror-Miliz zu gewinnen, bombardieren
türkische Kampfflugzeuge nicht nur IS- sondern auch PKK-Stellungen,
werden bei Razzien nicht nur mutmaßliche IS-Angehörige verhaftet,
sondern gleich auch kurdische Oppositionelle. Die türkische Regierung
hat damit einen riskanten Zweifrontenkrieg begonnen. Neben Racheakten
des IS droht nun der Kurdenkonflikt wieder zu eskalieren – und dies
in einer Phase der Instabilität: In Ankara wird seit Juni um die
Bildung einer neuen Regierung gerungen. In der AKP von Präsident
Erdogan liebäugeln viele mit Neuwahlen im Herbst, um die verlorene
absolute Mehrheit zurückzuholen. Aber für solche taktischen Spielchen
ist jetzt nicht die Zeit.

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