Rheinische Post: Türkische Tragödie Kommentar Von Thomas Seibert

Ein Selbstmordanschlag mitten in der Hauptstadt
tötet fast 100 Menschen, doch innerhalb kürzester Zeit entwickelt
sich erbitterter Streit: Selbst ein solches Blutbad vermag es nicht,
in der Türkei eine Gemeinsamkeit der Demokraten entstehen zu lassen,
in der alle Parteien des Parlaments zusammen gegen den Terror
Stellung beziehen. Für diese Entwicklung ist nicht nur die Regierung
verantwortlich. Kurdenpolitiker müssen sich vorwerfen lassen, mit der
kompromisslosen Verteufelung von Erdogan und anderen
Spitzenpolitikern das gegenseitige Misstrauen verstärkt zu haben.
Insgesamt bietet das politische Ankara das Bild einer Stadt, in der
jeder den eigenen Vorteil sucht, ohne dass es einen Sinn für das
Gemeinsame, das Wohl des Landes insgesamt gibt. Kein Wunder, dass
viele Türken für die Zukunft schwarz sehen. Hoffnungen, dass die
Wahlen in drei Wochen eine Lösung bringen werden, gibt es kaum.
Unterdessen wirkt sich der Konflikt im benachbarten Syrien immer mehr
auf die Türkei aus. Wenn es stimmt, dass der Islamische Staat hinter
dem Anschlag von Ankara steckt, ist das ein Alarmzeichen.

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