Rheinische Post: U-Bahn-Pitbulls Kommentar Von Reinhold Michels

Die Gewerkschaft der Polizei hat Recht, wenn
sie mehr Personal zur Sicherheit von Bahn-Passagieren verlangt. Sie
liegt hingegen falsch, wenn sie den notwendigen Ausbau von
Überwachungskameras an Haltestellen, besonders den unterirdischen,
als Augenwischerei abtut. Das eine tun und das andere nicht lassen –
das ist geboten. Die schockierenden Videoaufnahmen von einer Berliner
U-Bahn-Station zeugen von vulkanartig ausbrechender Brutalität, vom
Stumpfsinn Volljähriger mit Pitbull-Charakter. Womöglich hätten diese
sich ohne die Veröffentlichung des Videos nicht der Polizei gestellt.
Letzteres kam ihnen neben fehlenden Haftgründen beim Haftrichter
zugute. Das mag juristisch nachvollziehbar sein. Aus erzieherischen,
den Hauptschläger und Seinesgleichen abschreckenden Gründen ist es
grundfalsch, dass er bis zum Strafprozess auf freiem Fuß bleibt.
Nicht nur das schwer verletzte Opfer und dessen Angehörige sowie der
tapfere Mensch, der wohl Schlimmeres verhütet hat, sind empört. Der
einzig geeignete feste Wohnsitz eines erwachsenen, dringend des
versuchten Totschlags Verdächtigen ist die U-Haftzelle. Der
Rechtsstaat muss bei Straftaten gegen das Leben sein Unwerturteil
streng abgeben – in jedem Verfahrensstadium.

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