In den Sonntagsreden der Sportfunktionäre
spielen die Menschenrechte eine große Rolle. Bei der Vergabe
internationaler Großveranstaltungen ist das nicht so. Da bestimmen
wirtschaftliche Erwägungen die Entscheidung. Nur zwei Beispiele: 1978
wurde die Fußball-Weltmeisterschaft in Argentinien ausgetragen,
obwohl die Militärs um General Videla eine blutige Diktatur errichtet
hatten. Und 2008 durfte sich Chinas Regime im olympischen Glanz
sonnen, obwohl es zuvor gewaltsam gegen die Bevölkerung in Tibet
vorgegangen war. Deshalb darf sich niemand wundern, dass die
Europäische Fußball-Union (Uefa) die EM 2012 zur Hälfte an die
Ukraine vergeben hat. Das Argument, nach dem der Sport Öffentlichkeit
herstellt und schon dadurch Missstände beseitigen hilft, ist
scheinheilig. In Wirklichkeit ging und geht es der Uefa darum, im
Osten des Kontinents neue Märkte für das Produkt Fußball zu
erschließen. Damit der Euro rollt, wurden schon bei der Vergabe die
Augen vor der allgegenwärtigen Korruption im Land, vor der Macht
politischer Kartelle und vor den unlösbaren logistischen Problemen
verschlossen. Es war ein Fehler, die EM in der Ukraine austragen zu
lassen. Seit gestern wissen das wieder ein paar Menschen mehr. Es
nützt nur nichts mehr.
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