Rheinische Post: Unruhe im Vatikan

von Martin Kessler

Der Papst ist eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der
Welt. Kein Wunder, dass es in der Umgebung des Heiligen Vaters
bisweilen sehr weltlich zugeht. Es gibt im Vatikan Parteiungen,
Seilschaften, ja Machtblöcke, die das Oberhaupt der Kirche gern in
eine der jeweiligen Gruppe genehme Richtung zu drängen versuchen.
Nicht immer – das zeigt die Geschichte der Kirche hinlänglich – sind
ihre Mittel mit der christlichen Lehre vereinbar. Im jetzt
vorliegenden Fall geht es einmal um das undurchsichtige Finanzgebaren
der Vatikanbank und um vertrauliche Unterlagen des Papstes, die
dessen persönlicher Kammerdiener angeblich an Medien weitergab. Noch
ist es zu früh zu beurteilen, ob hinter diesen Aktionen eine Gruppe
steht, die den deutschen Papst bloßstellen will. Schließlich hat sich
Benedikt für mehr Transparenz und Offenheit im Vatikan eingesetzt.
Das erzeugt Widerstand. Ganz frei von Fehlern ist freilich auch das
Kirchenoberhaupt nicht. Zu vertrauensselig, so scheint es, geht der
Papst mit seiner Umgebung in Rom um. Zur Leitung einer Kirche mit
mehr als einer Milliarde Gläubigen gehört aber ein gehöriges Maß an
Vorsicht. Das gilt auch für eine Organisation, die eigentlich auf
Liebe und Vertrauen setzt.

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