Rheinische Post: Westerwelle zockt

Ein Kommentar von Sven Gösmann:

Während Guido Westerwelle seine Partei noch warnte, die Demoskopie
zum Maßstab ihrer Politik zu machen, sirrte die SMS mit der jüngsten
ARD-Umfrage auf die Mobiltelefone seiner Zuhörer beim
Dreikönigstreffen: vier Prozent. Die FDP flöge derzeit aus dem
Bundestag. Am Ende der Beliebtheitsskala stehen drei Liberale:
Niebel, Westerwelle, Rösler. Den Negativtrend gegen sich und die FDP
umzudrehen hat Westerwelle nicht vermocht. Er hielt eine
Standardrede, getränkt mit Außenminister-Pathos. Da sein Standard als
Redner höher ist, als der der meisten Politiker, war das ordentlich.
Aber es genügte nicht, seiner Partei das Vertrauen in ihren Chef
wiederzugeben. Vergebens warteten seine zahlreichen Kritiker auf eine
Geste der Demut, den Satz „Ja, ich habe auch Fehler gemacht“.
Westerwelle setzte stattdessen auf Trotz. Generalsekretär Lindner
dagegen beeindruckte mit einer substanzielleren, zudem klarer
strukturierten Rede. So hören sich Nachfolger an. Und Westerwelle? Er
zockt. Der FDP-Chef setzt gezwungenermaßen alles auf die Karte, dass
es bei der baden-württembergischen Landtagswahl am 27. März doch für
die Fortsetzung der schwarz-gelben Regierung reicht. Das entzöge
einem Putsch gegen ihn die Legitimation. Stuttgart spielt in diesem
Jahr auf jeden Fall Schicksal für den FDP-Chef.

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