Die Veröffentlichung von fast 400.000 streng
geheimen Dokumenten zum Vorgehen des US-Militärs im Irak ist ein
Skandal. So viele Beiträge sind vor allem für den Profi nützlich, der
sich ein Bild von der operativen Taktik der US-Streitkräfte machen
und verwundbare Stellen identifizieren kann. Deshalb ist der Hinweis
richtig, dass US-Soldaten diese „Aufklärung“ mit ihrem Leben bezahlen
müssen. Der größere Skandal ist freilich das Treiben der
US-Streitkräfte, die im Kampf gegen Unrechtsregime elementare
Menschenrechte mit Füßen treten. Dieses Verhalten und nicht die
Veröffentlichung dieses Verhaltens stellt in der Folge die größere
Bedrohung für die US-Soldaten dar. Die Absicht von Wikileaks ist das
gezielte Anprangern von Missständen, nicht das ziellose Ausplaudern
militärischer Geheimnisse. Der Vorgang sollte präventiv wirken:
Fehler verhindern statt vertuschen. In der Wahrnehmung von Gut und
Böse bleibt freilich das Grundproblem, dass offene Gesellschaften
ihre Verfehlungen ins Scheinwerferlicht stellen, während totalitäre
Systeme ihre weiße Weste kultivieren. Wo bleiben die 800.000
Wikileaks-Dokumente über das verbrecherische Vorgehen der
Saddam-Hussein-Diktatur?
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