Rheinische Post: Wulff sucht den Pakt mit dem Volk

Der Bundespräsident hat sich für die Attacke
entschieden. Die Vorwürfe gegen ihn tat Christian Wulff gestern als
lebensfern ab, die Fehler als durch Entschuldigung ausgeräumt, die
Medien sieht er in ihrem Jagdrausch ungezähmt. Wissend, dass weite
Teile der politischen Klasse mit ihm abgeschlossen haben, sucht Wulff
den Pakt mit dem Volk. Dafür bewegt er sich in atemberaubender
Geschwindigkeit in die einzige Position, die ihm das Amt erhalten
kann: die Rolle des Opfers einer Kampagne. Bei der Beantwortung immer
noch offener Fragen muss Wulff deshalb bewusst unscharf bleiben, um
nicht neue Angriffsflächen zu bieten. Etwa bei seiner Darstellung, er
habe nur um Aufschub bei der Beantwortung der Medienanfragen gebeten.
Warum aber schickte er trotzdem Antworten, um sie später
zurückzuziehen und Redakteure zu bedrohen? Warum machte er sich mit
unüblichen Kreditkonditionen einer öffentlichen Bank angreifbar, wenn
er sich zuvor einfach Geld von einem alten Freund lieh? Kennt er den
Gönner Maschmeyer auch seit Schulzeiten? Der Präsident zockt nun also
um sein Amt. Seine Wette lautet: Mitleid und schwindendes Interesse
an seinem Fall wiegen am Ende schwerer als die Kritik aus Politik und
Medien. Der Letzte, der es ebenfalls mit einer solchen Wette
versuchte, verlor. Es war Karl-Theodor zu Guttenberg.

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