RNZ: 90-80-11

Von Klaus Welzel

Hannelore Kraft hat es geschafft. Sie wurde im zweiten Wahlgang
zur ersten Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens gewählt. Aber
Traummaße sind das nicht, die die Kür ermöglichten: 90 rot-grüne
Ja-Stimmen, 80 schwarz-gelbe Nein-Stimmen und 11 dunkelrote
Enthaltungen. Keines der Lager hat sich also bewegt, alle stimmten
nach Parteilinie. Ein Vorgeschmack auf die nächsten fünf Jahre – oder
vier, oder drei, zwei, eins? In den Reihen der SPD wird argumentiert,
das rot-grüne Bündnis werde halten, weil Rot-Grün der Linken
näherstehe als Schwarz-Gelb. Doch nach dieser Logik hätte man auch
koalieren können. Das wollte Frau Kraft aber nicht, weil die Linke
koalitonsunfähig sei – tolerierungsfähig aber schon? Jedenfalls: Die
Ministerpräsidentin liefert sich den NRW-Linken kompromisslos aus –
und die werden das nutzen. Die Ankündigung, mal könne doch die CDU
zustimmen, dann wieder FDP oder Linke – das ist politikfernes
Wunschdenken. Kommt es hart auf hart, bleibt nur die Linke als
Abnick-Koalitionspartner. Eine Weile wird das funktionieren, alleine
schon weil alle drei – Linke, SPD und Grüne – von der neuen
Blockademacht im Bundesrat profitieren. Fraglich nur: Wendet sich
erst das Publikum angewidert ab oder scheitert zuvor der rot-grüne
Dreier an sich selbst?

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