Blickt man auf die Eurozone als Ganzes – und
das ist die Aufgabe der EZB – macht die historische Leitzinssenkung
tatsächlich Sinn. Die Wirtschaft stagniert bis schrumpft vielerorts,
die Arbeitslosigkeit steigt. Also soll noch billigeres Geld
Investitionen, Konsum und Beschäftigung ankurbeln (und nebenbei auch
den Schuldenstaaten die Refinanzierung erleichtern). Doch ob das
gelingt, ist die Frage. Die EZB kann Banken nicht zwingen, billiges
Geld billig weiterzugeben. Negativzinsen auf Einlagen bei der EZB
hätten indirekt diese Wirkung. Über zielgerichtetere Maßnahmen,
gerade für den Mittelstand im südlichen Euroraum, müsste nachgedacht
werden. Zumal die Niedrigzinsen das Entstehen von Blasen begünstigt.
Die Nachwehen der letzten von 2008 spüren wir bis heute. Für
Deutschland wären dagegen derzeit eher steigende Zinsen angesagt.
Dieses Dilemma betonte jüngst die Kanzlerin – und legte damit ein
Grundproblem der Eurokonstruktion offen. Wenn nun die Sparzinsen noch
weiter sinken, beschleunigt dies selbst bei derzeit niedriger
Inflation die schleichende Enteignung der Sparer. Für ein Volk, das
aus der Geschichte eine Phobie vor Geldentwertung entwickelt hat, ist
das billiger Nachschub für das Wahlkampfarsenal der Euroskeptiker.
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