Was hat der bodenlose Fall der in Berlin
regierenden Parteien mit Stuttgart 21 zu tun? Alles. Die
demoskopischen Scheinhinrichtungen der politisch Verantwortlichen im
Wochenrhythmus sind nur ein anderer Ausdruck für die Veränderungen im
Verhältnis Bürger und Staat, die auch Heiner Geißler als Schlichter
konstatiert. Er spricht in seiner Analyse des Streites, der nicht
wirklich aufgelöst werden kann, einen wichtigen Punkt an: Die
Erfahrungen der Finanzkrise, die ein entfesselter Kapitalismus
verschuldet hat, lässt das System und damit auch die Politik zum
Opfer eines massiven Glaubwürdigkeitsverlustes werden. Der Widerstand
gegen Stuttgart 21 ist eine bislang kanalisierte Form dieses
Ohnmachtsgefühls, das nicht ohne Grund die Grünen für sich nutzen
können. Denn sie haben sich bisher mit ihrer relativen Systemdistanz
und in der kurzen Regierungszeit eine besondere Form von
Unabhängigkeit bewahrt. Gefahr, dass ihr Bündnis Risse bekommt, droht
von anderer Seite: Wenn in Kürze die Trekker und Atomkraftgegner aus
dem Wendland anreisen, werden sich viele Stuttgarter Bürger fragen,
was das mit ihrem Protest zu tun haben soll. Und ob eine solche
anarchische Aufladung ihrem Widestand nicht mehr schadet als nützt.
Pressekontakt:
Rhein-Neckar-Zeitung
Manfred Fritz
Telefon: +49 (06221) 519-0