Es ist ein Leichtes, sich vor Augen zu führen,
was das ägyptische Regime von nicht-regimetreuen Medien hält. In
Kairo münden Schauprozesse in lange Haftstrafen. Oder umgekehrt, was
Ägypten für „Journalismus“ hält: Jubelnde Claqueure wie kürzlich bei
Al-Sisis Deutschland-Besuch, die bei Bedarf zu rabiaten Hooligans
werden und Gegner mundtot machen. Alles geschehen vor den Augen der
Bundeskanzlerin, mitten in der deutschen Regierungszentrale. Und
genau dort, in Berlin, wird nun der nächste Al-Dschasira-Vertreter,
ein sehr prominenter zumal, verhaftet und zur Überstellung an die
Kairoer Justiz vorbereitet, die sich zuletzt durch eine Inflation an
Todesurteilen gegen politische Gegner hervortat? Man möchte es nicht
für möglich halten. Die Bundesregierung muss dringend aufklären,
woher der dubiose Haftbefehl überhaupt kam. Und dann klarstellen, wie
ernst es ihr mit der Forderung nach rechtstaatlichen Reformen in
Kairo ist. Schon allein, um den üblen Verdacht auszuräumen, dass der
Besuch Al-Sisis etwas mit dem Fall Mansur zu tun hatte. Oder der
Milliardenvertrag über neue Siemens-Kraftwerke, der bei jener
Gelegenheit unterzeichnet wurde.
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