RTL-Interview mit dem neuen Bundespräsidenten Christian Wulff, Teil 1: Sorge mich um Demokratie

Einen Tag nach seiner Wahl zum neuen
Bundespräsidenten gab Christian Wulff am Nachmittag RTL ein
TV-Interview. Das Gespräch im RTL-Hauptstadtstudio führte
Chefredakteur Peter Kloeppel. Die wichtigsten Auszüge daraus zeigen
n-tv und um 18.45 Uhr die Hauptnachrichten „RTL Aktuell“.

Christian Wulff über die Bedeutung seiner Wahl zum
Bundespräsidenten: „Es war sicher der politisch glücklichste Tag
neben dem Tag, als ich Ministerpräsident Niedersachsens wurde, und es
war natürlich auch ein bewegender Tag über diese vielen Stunden der
drei Wahlgänge. Aber ich war mir eigentlich sicher: am Ende wird es
ein gutes Ergebnis geben, und das war dann ja auch so.“

…über die Umstände der Wahl:

„Interessant ist, das man vor der Wahl gesagt hat, es wird eine
isolierte Bundespräsidentenwahl sein, man soll es mit nichts
verknüpfen. Nicht mit dem Fortbestand der Regierung, nicht mit dem
leitungsfähigen Vermögen der Regierungsparteien. Und anschließend
erlebt man dann doch dass, was niemanden überraschen konnte – die
Betrachtung war ja auch naiv – dass es ausgeleuchtet wird. Das müssen
andere tun als ich. Ich erkenne ein Motivbündel. Ich glaube, jede und
jeder hatte einen ureigenen Grund, so oder anders zu wählen. Aber am
Ende war es eine absolute Mehrheit, ein eindrucksvolles Votum, mehr
Stimmen als für alle anderen zusammen, und damit kann man gut
arbeiten.“

…über die möglichen Motive derer, die ihn nicht gewählt haben:
„Ich hatte in allen Wahlgängen 600 und mehr Stimmen…, das ist schon
eine deutliche Unterschiedlichkeit gewesen in allen Wahlgängen
(gegenüber Joachim Gauck, die Red.). Aber es ist halt auch ein hohes
Quorum, die absolute Mehrheit bereits im ersten Wahlgang haben zu
müssen. Jeder hat seine Gründe, und es bringt überhaupt nichts, da
Motivforschung zu betreiben.“

…über sein künftiges Amtsverständnis:

„Natürlich möchte ich mich politisch als Bundespräsident
einmischen. In internationalen Fragen, bei der Weltfinanzordnung,
überhaupt bei Fragen, die national nicht mehr zu entscheiden sind.
Auf der anderen Seite sorge ich mich um die Demokratie, um die
Verankerung der Parteien, der Politik in der Bevölkerung, um die
Gräben, die größer geworden sind, um das Missverständnis derer, die
politisch handeln, gegenüber denen, die Erwartungen an die Politik
haben. Dazu werde ich mich auch morgen in meiner Antrittsrede äußern,
dass wir uns da was überlegen müssen, denn wir brauchen viele Bürger
mit Zivilcourage und Engagement. Die müssen sich eingebunden fühlen,
das empfinden Bürgerinnen und Bürger nicht immer in unserem Land,
dass sie eingebunden werden, dass sie wertgeschätzt werden. Das ist
für die Demokratie gefährlich.“

…über konkrete Vorhaben in seiner Amtszeit: „Man muss als
Bundespräsident natürlich Sprachrohr sein für die Kritik aus der
Bevölkerung, für die Kritik an staatlichen Institutionen. Auf der
anderen Seite kann man aber auch die komplizierten Zusammenhänge zu
erklären versuchen, unter denen Politiker heute stehen. Beide Sachen
führen automatisch zum Brückenbau und zur Mittlerfunktion. Da ich
immer gerne auch unter Menschen war, gerne auf Menschen zugehe, den
ganzen Lebenssinn eigentlich darin sehe, immer wieder andere,
unterschiedliche Menschen kennenzulernen, werde ich sicherlich auch
im Lande viel unterwegs sein. Das Wort, die Rede sind die Instrumente
eines Bundespräsidenten, und dann der Appell an Verantwortlichkeit,
Ehrenamt und Engagement – das sind wichtige Aufgaben, da werde ich in
den nächsten Jahren sicherlich Akzente setzen.“

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