Saarbrücker Zeitung: Nordkoreas Botschafter gibt erstmals ein Interview in Deutschland – Ri Si-Hong wirbt um Entspannungsinitiative und warnt vor Manövern im Süden – Säuberungen verteidigt

Der nordkoreanische Botschafter in
Deutschland, Ri Si-Hong, hat zum ersten Mal einem deutschen Medium
ein Interview gegeben und dabei für die Entspannungsinitiative seiner
Regierung geworben. Ri sagte der „Saarbrücker Zeitung“
(Donnerstagausgabe): „Südkoreaner und Amerikaner sollten jetzt eine
mutige Entscheidung treffen und sich mit uns an einen Tisch setzen,
dann werden sie sehen, ob wir es ernst meinen oder nicht“. Man habe
einseitig bereits alle militärischen Aktivitäten eingestellt, „die
die andere Seite reizen könnten“. Dies betreffe besonders die
umstrittene Inselregion an der Westküste. Zugleich forderte der
Botschafter den Stopp der geplanten südkoreanisch-amerikanischen
Manöver Ende Februar. Diese zielten auf Nordkorea, seien massiv und
würden mit modernsten Waffen durchgeführt. „Wir haben Südkorea nicht
aufgefordert, seine eigenen, normalen Militärübungen aufzugeben“,
sagte Ri. Den USA warf er vor, in der Region viele Nuklearwaffen
stationiert zu haben und die koreanische Halbinsel zu
destabilisieren, „um ganz Korea in ihre Hand zu bekommen und die
anderen Großmächte zu bezwingen“. Der Botschafter ließ offen, wie
Pjöngjang reagieren werde, wenn das Manöver doch stattfindet. Das
seien Spekulationen, sagte er. „Jetzt sollten alle Seiten sich darauf
konzentrieren, die Spannungen zu verringern“. Zu den Säuberungen an
der Staatsspitze in Pjöngjang sagte Ri, durch die „Beseitigung von
Jang Song-Thaek und seiner Bande“ sei ein Umsturzversuch verhindert
worden. Jetzt könne sich die Lage wieder normalisieren und der Aufbau
der Wirtschaft wieder Fortschritte machen. Der nordkoreanische
Botschafter hatte selbst um das Interview ersucht, offenbar als Teil
einer nordkoreanischen Charme-Offensive. In der letzten Woche hatten
bereits die Botschafter in London und Peking ähnliche Interviews
gegeben. Bei dem Gespräch durften nur Fragen gestellt werden, die im
Zusammenhang mit der Entspannungsinitiative standen; allerdings
wurde dies breit ausgelegt, und Zusatz- und Nachfragen wurden
beantwortet.

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