Nahost-Experte Michael Lüders sieht angesichts
der aktuellen Situation in Ägypten die gesamte Entwicklung des
sogenannten arabischen Frühlings in Gefahr. „Scheitert Ägypten,
scheitert die arabische Revolution“, erklärte Lüders in der Sendung
PHOENIX Runde (2.7). Seiner Ansicht nach ist die Zuspitzung im Land
kaum noch aufzuhalten. „Es kann passieren, dass Ägypten im
Bürgerkrieg versinkt“, war Lüders skeptisch, ob in den nächsten Tagen
die Besonnenheit über die Gewalt siegen könne. Zum einen gebe es
weder eine demokratische Tradition noch den Wunsch einer
Kompromissfindung zwischen den verschiedenen Lagern. „Es fehlt an
Persönlichkeiten, die in der schwierigen Situation in der Lage wären,
die Gräben zuzuschütten und die Ägypter zu versöhnen.“
Hinzu komme ein Militär, dem es vor allem auf den eigenen Vorteil
und die eigenen, einträglichen Geschäfte ankomme. „Die Armee ist
alles andere als ein selbstloser Akteur. Und sie spielt ein riskantes
Spiel, denn sie müsste de facto putschen, um Präsident Mursi aus dem
Amt zu vertreiben“, so Lüders weiter. Zudem stehe Ägypten finanziell
mit dem Rücken an der Wand. „Das Land hat keine Zeit mehr und
befindet sich am finanziellen Abgrund“, so der Nahost-Fachmann. Was
auch immer politisch in den kommenden Tagen und Wochen geschehe, eine
Politik ohne die Muslim-Bruderschaft werde aufgrund deren Verankerung
in der Bevölkerung kaum möglich sein. „Man muss sie mit einbinden,
integrieren und zum Pragmatismus erziehen.“
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman
A. Mazyek, sah es als größtes Versäumnis der Muslimbruderschaft an,
nach der Wahl nicht auf Kompromisslösungen gesetzt zu haben. „Es war
ein großer Fehler, keine Einheitsregierung gebildet zu haben. Die
wäre enorm wichtig gewesen, zumal man schon früh absehen konnte, dass
Mursi alleine nicht in der Lage war, ein früher so
heruntergewirtschaftetes Land zu verändern“, so Mazyek.
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