Schwäbische Zeitung: Abrücken und profilieren

Die SPD stellt ein Einwanderungskonzept vor,
die CDU hat noch keine Meinung. Zumindest keine einheitliche.
Schlimmer noch, sie schickt Generalsekretär Peter Tauber jetzt auch
erst einmal nach Kanada. Das ist wenig originell, denn da kommt
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann gerade her. Der hat allen Grund,
innenpolitische Akzente zu setzen, um von der Edathy-Affäre
abzulenken. Und außerdem geht es ihm ums Profil – um seines und um
das seiner Partei.

Die Sozialdemokraten wollen in der Großen Koalition Akzente setzen
und ganz nebenbei die Kanzlerin als Politikerin darstellen, die alle
Optionen offenlässt, die sich nicht entscheiden kann und nach dem
Motto „abwarten und aussitzen“ agiert. Dieses Manko spüren auch viele
in der Union, die Junge Union wünschte sich gerade erst, Angela
Merkel hätte innenpolitisch ein ähnlich großes Profil wie in der
Außenpolitik.

Dieses Vakuum nutzt die SPD. Von der Quote über Mindestlohn und
Mietpreisbremse bis zur Einwanderung – die Sozialdemokraten haben es
zur Zeit leicht, ihre Politik nach außen zu tragen. Getrieben werden
sie davon, dass die Halbzeit zwischen den Bundestagswahlen naht.
SPD-Chef Sigmar Gabriel wird nach jetzigen Erkenntnissen, 2017 kaum
eine weitere Juniorpartnerschaft mit der Union, sprich eine
vorhersehbare Niederlage, anstreben.

Hinter den Kulissen wird deshalb bereits munter sondiert, übrigens
nicht nur bei der SPD, sondern auch bei Union und Grünen. Nach der
rot-rot-grünen Koalition in Thüringen stellt sich die Frage, ob ein
solches Bündnis bundespolitisch auch möglich wäre. In außenpolitisch
turbulenten Zeiten wohl kaum, da werden die Deutschen lieber auf die
Versiertheit Merkels setzen als auf ein Regierungsexperiment mit den
Linken. Doch wenn sich die Lage beruhigt und die Innenpolitik wieder
mehr Gewicht erhält, dann wäre Gabriel wohl nicht der letzte, der mit
einem neuen sozial- und gesellschaftspolitischen linken Aufbruch
werben würde. Einwanderung ist eines der Themen, die dafür stehen.

Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de