Bundespräsident Christian Wulff hat sich
entschuldigt. Aber wie! Er bedauert seine Fehler, ordnet aber alles
unter „menschlich“ ein. Der große Druck der Medien, die vielen
Fragen, die Auslandsreisen, da können doch mal Fehler passieren. Und
dazu ist er noch ohne Karenzzeit Bundespräsident geworden. Wem da
noch nicht die Tränen kamen, dem versichert der Präsident, ab jetzt
besonnen sein zu wollen. Und seine Lernfortschritte unter Beweis zu
stellen. Nun sieht das Grundgesetz für das Amt des Bundespräsidenten
ein Mindestalter von 40 Jahren vor. Damit Deutschland einen
Präsidenten hat, der sich eben nicht als lernendes System
präsentiert, sondern um die Bürde und Würde des höchsten
Repräsentanten weiß – und die Rolle entsprechend ausfüllt. Dessen
Worte Gewicht haben und dessen Persönlichkeit Glaubwürdigkeit
vermittelt.
Politisch gesehen, mag das Interview Wulffs vielleicht ein
Befreiungsschlag sein. Er ist vorerst entschuldigt. Doch wie oft kann
das Amt noch bedauernde Worte in eigener Sache vertragen? Wie lange
noch einen Präsidenten, der es nicht wirklich ausfüllt?
Klar ist: Christian Wulff bleibt nur im Amt, wenn Angela Merkel
die schützende Hand über ihn hält. Und solange Horst Seehofer genau
wie Angela Merkel der Ansicht bleibt, dass eine Neuwahl zurzeit eher
schaden als nutzen könnte. Merkel will ihr fragiles Regierungsbündnis
nicht zusätzlich belasten. Deshalb betont die Kanzlerin, dass der
Präsident ein Verfassungsorgan ist und sich somit jegliche
Kommentierung verbiete. Doch mit einer „Wulff geht mich nichts
an-Kanzlerin“ und einem Bundespräsidenten, der zwar entschlossen,
hart und klar ist, wenn es um sein Amt und seine Karriere geht, die
gleiche Klarheit aber in seinen Richtigstellungen vermissen lässt,
ist zwar ein Staat zu machen, aber kein guter.
Einen „wunderbaren Bundespräsidenten“ hat Merkel vor eineinhalb
Jahren den Deutschen versprochen. Herausgekommen ist ein wundersamer.
Menschlich? Nein, leider allzu menschlich.
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