Schwäbische Zeitung: Auch Eltern sind in der Pflicht – Leitartikel zur Leseleistung

Die Verantwortung für die schlechte
Leseleistung der Viertklässler ausschließlich den Lehrern in die
Schuhe zu schieben, wäre zu einfach. Sie können nicht für alles
herangezogen werden, was in den Elternhäusern schiefläuft. Anstelle
von Büchern und Brettspielen sind heute oft Spielekonsole und Co.
fester Bestandteil der Freizeitgestaltung. Das muss nicht immer nur
schlecht sein, doch das richtige Maß macht den Unterschied. Natürlich
ist es leichter, Kinder vor den Fernseher zu setzen, als sich mit
ihnen zu beschäftigen. Experten warnen vor zu viel TV-, Handy- und
Tabletkonsum, nicht nur, weil so das Lesen auf der Strecke bleibt.
Kindern fehle dann oftmals das Verständnis für ihre Umwelt – mit
negativen Folgen für das Gehirn. Um das zu ändern, müssen sich Eltern
schlicht Zeit nehmen. Das ist unabhängig vom Bildungsstand oder der
Dicke ihres Geldbeutels.

Wer Lesen selbst nur mit lästiger Schullektüre verbindet, kann
seinen Kindern kaum einen positiven Sinn für Texte vermitteln.
Gefühlt kommt man in der heutigen Medienwelt auch ohne Lesen zurecht,
kann man sich doch über den Touchscreen wischend von Bild zu Bild
hangeln. Nach einer Analphabetismus-Studie, die 2011 von der
Universität Hamburg veröffentlicht wurde, können in Deutschland
generell zwei Millionen Menschen – mit und ohne Migrationshintergrund
– überhaupt nicht lesen, 7,5 Millionen nur sehr schlecht.

Familien müssen sich organisieren, um Zeit für die Kinder zu haben
und diese sinnvoll zu nutzen. Dabei geht es nicht um Zusatzunterricht
zu Hause, sondern um gemeinsame Gespräche, regelmäßiges Vorlesen und
Ermunterung, zum Buch zu greifen. Hier sind auch die Lehrer gefragt.
Sie müssen Begeisterung für das Lesen wecken. Abgesehen davon, dass
es die Grundvoraussetzung für Bildung ist, Lesen bietet Zugang zu so
Vielem, das über das reine Verständnis von zusammenhängenden
Buchstaben hinausgeht. Es schult Sprache, regt die Fantasie an und
öffnet den Weg in fremde Welten. Nicht zuletzt sind Eltern auch hier
Vorbilder und sollten lieber einmal mehr ihr Smartphone zur Seite
legen und zum Buch greifen.

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