Einer alten Politikregel zufolge bedeutet Runder
Tisch meist lange Bank. So ist es auch beim sexuellen
Kindesmissbrauch. Dem kollektiven Aufschrei von 2010 folgte die
kollektive Gleichgültigkeit – wie so oft bei Skandalen. War das
Entsetzen auch noch so groß, als vor drei Jahren die ersten
Missbrauchsfälle an katholischen Internaten und privaten
Einrichtungen ans Licht kamen – passiert ist seitdem nicht viel.
Am Runden Tisch wurde schnell Hilfe versprochen, doch die Opfer
warten heute noch auf Konsequenzen. Ein Kernanliegen der Betroffen
waren längere Verjährungsfristen. Denn es hat sich gezeigt, dass die
Opfer sich oft nicht mit 18 oder 20 Jahren öffnen, sondern erst mit
40 die Reife haben, ihre einstigen Peiniger anzuzeigen. Der
Gesetzentwurf, zivilrechtliche Verjährungsfristen von drei auf 30
Jahre zu verlängern, schlummert aber seit 20 Monaten im
Rechtsausschuss des Bundestages.
Was den Hilfsfonds angeht, sieht es kaum besser aus. Vor 14
Monaten wurde er versprochen, doch Bund und Länder schieben den
Schwarzen Peter hin und her. Der Bund wollte bisher seine 50
Millionen nur einzahlen, wenn die Länder ihrerseits auch 50 Millionen
geben. Die Länder aber wollten erst einmal ein Konzept sehen, wie das
Geld eingesetzt wird. Jetzt hat die Familienministerin versprochen,
das Geld des Bundes unabhängig von den Ländern lockerzumachen, das
ist ein kleiner Fortschritt. Mitgefühl ist wertvoll, doch hier geht
es um rechtliche und finanzielle Hilfe für die Opfer. Sie haben mehr
verdient als ein „Gut, dass wir darüber geredet haben“.
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