Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall
hat bisher nach außen keine schlechte Figur gemacht. Er tritt als
konsequenter Sachwalter der inneren Sicherheit auf – wie übrigens
alle SPD-Politiker, die dieses Amt in Bund und Ländern bekleidet
haben oder bekleiden. Gall kann zudem für sich verbuchen, dass er die
große Polizeireform relativ unaufgeregt durchgezogen hat. Dies ist
durchaus bemerkenswert. Wer über Jahrzehnte gewachsene Strukturen
samt ihrer Verkrustungen grundlegend durchrütteln will, muss
zwangsläufig mit einer Begleitmusik aus Heulen und Zähneknirschen
rechnen. So ist es gekommen, aber dann ist es doch erstaunlich
schnell wieder ruhig geworden. Wie gesagt: summa summarum ein Erfolg
für Reinhold Gall.
Jetzt aber steht der Innenminister reichlich blamiert und
beschädigt da. Die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe
bescheinigt ihm eine rechtswidrige Postenvergabe im Spitzenbereich
der Polizei. Gall hat zwei Fehler gemacht. Erstens: Um seinen
Sicherheitsapparat möglichst ruhig zu stellen, hat er die Reform fast
ausschließlich von Polizisten erarbeiten lassen. Auf
kommunalpolitischen und juristischen Sachverstand hat er weitgehend
verzichtet. Zweitens: Exakt die Beamten, welche das Konzept
erarbeitet und dem Innenminister geholfen haben, es auch
polizeiintern durchzuboxen, sind dafür mit prächtigen Posten belohnt
worden. Nicht alle, aber ziemlich viele. Schlimmer noch: Dem
Vernehmen nach durften sie die Posten unter sich verteilen, das
Ministerium hat dann alles schön abgesegnet. Dies wäre ein
beispielloser Vorgang in der Landesverwaltung.
Die juristische Ohrfeige wird Reinhold Gall noch lange schmerzen.
Denn im Moment ist völlig unklar, wie er den Schaden reparieren kann.
Eine Scheinausschreibung der Spitzenpositionen, an deren Ende die
Bestätigung der Stelleninhaber stünde, würde ganz gewiss auf die
Ungnade der Verwaltungsrichter stoßen. Komplette Neubesetzungen
würden polizeiintern einen Sturm auslösen. Der Innenminister steckt
in einer üblen Klemme – die er selber zu verantworten hat.
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