Wie aus dem Nichts ist der Rücktritt der
baden-württembergischen Kultusministerin Gabriele
Warminski-Leit-heußer nicht gekommen. Zu groß war für sie der Druck
durch die Dauerkritik aus der Opposition und insbesondere auch aus
der eigenen Partei geworden. In der Demission der Ministerin liegt
für die grün-rote Koalition auch eine Chance, die durch den eigenen
Reformeifer entstandene Verunsicherung bei Schulträgern, bei Eltern
und bei der Lehrerschaft aus der Welt zu schaffen. Es geht um die
Zukunftschancen von Kindern und Jugendlichen im Land. Trotz der guten
Ausgangslage müssen Konzepte her, um Bildungsangebote für alle
Gesellschaftschichten zu gestalten. Außerdem muss dem durch den
Geburtenrückgang gesteigerten Bedarf des Arbeitsmarktes nach
qualifizierten Schulabgängern Rechnung getragen werden.
Die Nachfolge von Warminski-Leitheußer tritt zwar kein gestandener
Bildungspolitiker an. Aber Andreas Stoch hat als SPD-Obmann im
EnBW-Untersuchungsausschuss bewiesen, dass er komplexe Zusammenhänge
nicht emotional behandelt, sondern sachlich analysieren kann. Den
Abschied von den eingeleiteten Reformen wird er nicht verkünden.
Stoch aber ist zuzutrauen, Vorbehalte abzubauen und die Lage im
Kultusministerium so weit zu beruhigen, dass sich Debatten wieder auf
Themen beschränken und nicht auf persönliche Patzer. Erfolgreiche
Bildungspolitik glückt nur dann, wenn im Wandel die einzelnen
Schritte berechenbar bleiben.
Gabriele Warminski-Leitheußers Rücktritt offeriert eine Chance,
ist aber auch Herausforderung für die Regierungsspitze. Nils Schmid,
SPD-Chef, Finanz- und Wirtschaftsminister, hat an Autorität gegenüber
der Fraktion um Claus Schmiedel eingebüßt. Den grünen
Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ehrt es, dass er nicht auf
jede tagesaktuelle Aufgeregtheit reagieren will. Wenn der ehemalige
Lehrer jetzt weiter mit ruhiger Hand die Bildungsreform begleitet,
ist den Lehrern, den Eltern und den Schülern in Baden-Württemberg am
meisten gedient.
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