Schwäbische Zeitung: Dem Militär droht die Isolation – Leitartikel

Wer im Bodenseeraum lebt, kennt die Bundeswehr
schon seit Jahren nur noch aus den Medien – wenn er nicht
zufälligerweise direkt mit dem Militär verknüpft ist. Einst
vorhandene Standorte sind Geschichte. Dies wird künftig für weitere
Gebiete gelten. So bleiben im Dunstkreis der Schwäbischen Alb gerade
noch zwei Bundeswehr-Schwerpunkte zurück: Stetten am kalten Markt
sowie Ulm samt Dornstadt. Womit ein zentrales Problem der neuen
Wehrstruktur deutlich wird. Weniger Soldaten bedeuten weniger
Standorte. Weshalb das Militär demnächst für noch mehr Deutsche weit
weg sein wird. Hinzu kommt die Aussetzung des Wehrdienstes. Durch
beides zusammen droht der Bundeswehr eine gesellschaftliche
Isolation.

Eine solche Entwicklung kann weder dem Bürger noch dem Militär
gleichgültig sein. Dem Bürger nicht, weil die Bundeswehr ausdrücklich
seine Armee ist, die nur durchs Parlament zum Einsatz legitimiert
werden kann. Das Militär muss sich wiederum Sorgen machen, dass der
Kontakt zum Volk auf ein Minimum schrumpft. Das Problem: Was der
Bürger nicht kennt, wird ihm schnell unheimlich. Eventuell verliert
er es auch aus seiner Wahrnehmung. Die Rekrutierungsstellen der
Bundeswehr werden dies rasch merken.

Schon jetzt tun sich die Werber schwer, junge Menschen zum
Eintritt ins Militär zu motivieren. Wilde Krieger, die Interesse
haben, will die Bundeswehr eher nicht. Sie taugen kaum für Einsätze
wie in Afghanistan, wo Soldaten manchmal in Sekundenschnelle von
Krieg auf Aufbauhilfe umschalten müssen. Die gefragten Kandidaten
haben aber dagegen überall Chancen. Ihnen erscheint ein Wehrdienst in
seiner gegenwärtigen Form nicht unbedingt attraktiv. Ob die
Militärführung daran groß etwas ändern kann, steht in den Sternen. An
diesem Punkt entscheidet sich aber die ganze Reform. All die schönen,
in den vergangenen Monaten ausgearbeiteten Pläne würden nämlich
Makulatur, wenn sich selbst die verbliebenen Kasernen nicht mehr
füllen ließen.

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