Schwäbische Zeitung: Der Mut für den großen Wurf fehlt – Ein Kommentar zum Bildungspaket der GroKo-Verhandlungen

Ein Bildungspaket haben sie geschnürt in
Berlin, milliardenschwer und sehr ambitioniert. Das ist löblich, war
angesichts der aus deutscher Sicht bitteren Pisa-Studien jedoch auch
dringend nötig. Schade aber ist, dass auch dieses Mal nicht der Mut
aufgebracht wird, die Bildungshoheit der Länder, das sogenannte
Kooperationsverbot, nicht nur aufzuweichen, sondern tatsächlich zu
kippen und dem föderalen Klein-Klein einen großen Wurf
entgegenzusetzen: einen bundesweit einheitlichen Bildungsstandard.

Natürlich wäre das nur sinnvoll, wenn sich der Standard am Niveau
jenes Landes orientieren würde, das stets vorne liegt – und das ist
Bayern. Es ist kein Zufall, dass die Schüler aus dem Freistaat bei
den meisten Studien am besten abschneiden. Eine Absenkung der
Standards wäre weder nachvollziehbar für Lehrer und Schüler noch
hinnehmbar für die Landespolitiker. Wäre ihnen die Zukunft der Kinder
jedoch so wichtig, wie sie behaupten, müssten sie großes Interesse am
einheitlichen Standard haben. Dieser brächte Chancengleichheit:
Schulabschlüsse wären vergleichbar, die Studienplatzvergabe, die im
Gegensatz zum Abitur bundesweit geregelt ist, würde fair ablaufen.
Und Deutschland hätte einen internationalen Standortnachteil weniger.

Dass Ministerpräsidenten im Süden für das Kooperationsverbot
kämpfen, ist gewiss auch der Angst vor der Verschlechterung
geschuldet. Es bleibt aber der Verdacht, dass es nicht nur um Inhalte
geht, sondern eben auch um Geld und Macht. Denn wer könnte etwas
dagegen haben, wenn Familien mit Schulkindern umziehen könnten, ohne
sich mit einer Vielzahl von Lehrplänen herumschlagen zu müssen? Wenn
das Gymnasium überall gleich lang dauern würde? Und aus Elternsicht:
Landespolitische Irrwege bei Bildungsplänen, es sei an die
Verankerung der „sexuellen Vielfalt“ in Baden-Württemberg erinnert,
wären viel schwieriger durchzusetzen.

Schön, dass Schwarz-Rot den Plan hat, künftig die Sanierung von
Schulgebäuden mitzubezahlen oder iPads zu kaufen. Doch es wäre an der
Zeit, das aus der Zeit gefallene Kooperationsverbot komplett
abzuschaffen.

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