Die CDU in Baden-Württemberg bleibt sich treu –
im schlechtesten Sinne. Man zerfleischt sich gegenseitig und gönnt
einander den Erfolg nicht. Wer glaubt, so wieder an die Macht im Land
zu kommen, dem droht bei den Wahlen 2021 zum dritten Mal nach 2011
und 2016 ein böses Erwachen.
Mit ihrem Nein zur Reform des Landtagswahlrecht kündigen die
Parlamentarier eine Koalitionsvereinbarung mit den Grünen auf, die
ihre Vertreter mitunterzeichnet haben. Sie schwächen den eigenen
Landesvorsitzenden Thomas Strobl, den stellvertretenden
Regierungschef.
Allerdings erledigt der diese Aufgabe ganz gut alleine. Wie schon
bei der Korrektur der Polizeireform wollte oder konnte er die
Querelen in den eigene Reihen nicht lösen. Dass Strobl die Abstimmung
in der Fraktion nicht verhindern konnte und an der entscheidenden
Sitzung nicht teilnahm – das zeugt von Führungsschwäche. Die
attestieren ihm selbst enge Parteifreunde.
Fraktionschef Wolfgang Reinhart präsentiert sich ebenso wenig als
Führungskraft im Sinne des großen Ganzen. Ja, die Fraktion ist gegen
eine Reform. Aber über diese Bedenken hätte man durchaus weiter mit
den Grünen verhandeln können. Die waren bisher zu vielen Kompromissen
bereit. Weil Reinhart abstimmen ließ, ist die Tür jetzt verschlossen.
Nun muss Ministerpräsident Winfried Kretschmann einen Konflikt
schlichten, an dem er selbst nicht ganz unschuldig ist. Er ließ
öffentlich durchblicken, dass er kein Anhänger der Wahlrechtsreform
ist. Kretschmann kann sich das jedoch leisten, denn er sitzt bei den
Grünen ganz fest im Sattel. Sollte er sich noch einmal zur Wahl
stellen, wird es diese CDU ganz schwer haben. Dabei läuft es für die
Union in der Regierung mit den Grünen gut. Sie hat das schärfste
Polizeigesetz Deutschlands durchgesetzt, bildungspolitische
Herzensangelegenheiten erkämpft und vertritt in der Agrarpolitik
klare CDU-Positionen.
Um daraus Kapital zu schlagen, fehlt der Union aber eine
Führungsfigur mit Format – und die Geschlossenheit, eine solche
aufzubauen.
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