Schwäbische Zeitung: Der Zellhaufen ist ein Mensch – Leitartikel

Vor wenigen Wochen fielen im Bundestag diese
Sätze: „Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat
eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren
kann.“ Der Papst hat das gesagt, und er hat in diesem Zusammenhang
die Arbeit der Umweltbewegungen gewürdigt. Was das mit dem Urteil des
Europäischen Gerichtshofs von gestern zu tun hat? Sehr viel. Es war
bezeichnenderweise nicht eine Kirche, schon gar nicht die CDU, die
gegen die Patentierung embryonaler Stammzellen geklagt haben, nein,
es waren die Umwelt-Aktivisten von „Greenpeace“. Die hatten
offensichtlich klarer als viele Politiker erkannt, dass auch der
Mensch Teil der Natur und deshalb schützenswert ist.

Vor seinesgleichen und von Anfang an – wäre zu ergänzen. Denn das
ist das Erfreuliche an dem Urteil: In unmissverständlicher Klarheit
halten die Richter fest, dass ein Embryo ein Mensch ist und keine
Sache namens Zellhaufen. Er ist von der Befruchtung an Träger der
menschlichen Würde, Patente zum Zweck seiner Kommerzialisierung
kommen deshalb nicht in Frage. Punkt. Dieses Urteil bindet auch die
deutsche Justiz. Es sollte manch anstehende politische Diskussion
abkürzen, es müsste all jenen helfen, die in verschwurbelten Debatten
nicht mehr recht gehört wurden, wenn sie schlicht sagten: Die
Menschenwürde muss vom ersten Tag des Lebens bis zum letzten gelten.

Selbstverständlich werden solche Debatten jetzt neu entflammen.
Man wird sattsam Gehörtes wieder hören. Als da wären: Der
Forschungsstandort Europa ist geschädigt, die Weiterentwicklung von
Therapien für schwerkranke Menschen wird behindert und so weiter und
so fort.

Das mag alles sehr gewichtig klingen, das Urteil aus Luxemburg
stärkt jedoch das entscheidende Gegenargument: Der Zweck kann nicht
jedes Mittel heiligen. Ins Profane übersetzt: Auch ein Bankraub
bleibt ein Bankraub, selbst wenn der Räuber die Beute hinterher à la
Robin Hood unter den Armen verteilen würde. So einfach ist es.

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