Solange die mit Pomp Verabschiedeten nicht
wirklich Anerkennung verdienen, wirken Glockenspiel, Fackelträger und
Uniformen der Bundeswehr fehl am Platze. In der jüngsten
Vergangenheit konnte auch von einer tieferen Sinnhaftigkeit des
Großen Zapfenstreiches nicht mehr die Rede sein. Nur ein Beispiel:
Zuletzt wurde Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg
diese hohe militärische Ehrung zuteil, obwohl er zuvor bürgerliche
Tugenden hatte vermissen lassen. Heute wird der zurückgetretene
Christian Wulff von einer Ehrenformation der Streitkräfte aus dem Amt
des Bundespräsidenten verabschiedet. Vorsichtig ausgedrückt ist das
suboptimal. Denn die gewünschte Symbolik sorgt eher für
Politik-verdrossenheit bei den Menschen im Lande.
Doch was der Boulevard daraus macht, ist schlicht inakzeptabel.
Mit Blick auf die Umfrage-mehrheit der Bevölkerung wird mit
Spießerinstinkt die Zahl der Lieder, die sich Wulff gewünscht hat,
gezählt. Ergebnis: Böse, böse, er möchte eines mehr als seine
Vorgänger. Das sei skandalös, ein weiterer Beweis für seine Raffgier
soll damit suggeriert werden. Die Frage steht unweigerlich im Raum:
Geht es noch?
Wulff ist nach zähen Wochen zurückgetreten. Punkt. Ende. Die
Diskussion um seine Versorgung im Leben danach ist unverantwortlich,
denn sie hat einen sehr ärgerlichen Nebeneffekt. Politiker werden als
manische Egoisten dargestellt, die nur die eigenen Interessen im
Blick zu haben scheinen. Der ganz großen Mehrheit unserer Politiker
wird damit aber Unrecht getan – übrigens gleich welcher politischen
Farbe, ob im Bund, im Land oder in der eigenen Kommune.
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