Schwäbische Zeitung: Die Einheit ist ein Vorbild – Leitartikel

Europa sei keine Momentaufnahme. Europa gründe
sich auf der historischen Einsicht, dass Frieden, Freiheit und
Wohlstand auf dem Kontinent dauerhaft nur durch einen engen Verbund
gewährleistet werden können. Und das in guten wie in schlechten
Zeiten. Zum Tag der Deutschen Einheit hat der Präsident des
Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, Politikern wie Bürgern
bemerkenswerte Sätze ins Stammbuch geschrieben. Nach einer hektischen
Berliner Woche mit weit reichenden Entscheidungen, geprägt durch
Zweifel am Erfolg der eingeleiteten Maßnahmen zur Rettung des Euro,
geprägt auch durch Feindseligkeiten, hat Voßkuhle eine sehr
politische Rede gehalten – als Richter. Die Mahnung sollte ernst
genommen werden über die Aktualität des Tages hinaus.

Voßkuhle erinnert daran, wie wertvoll das Zustandekommen der
Einheit für Deutschland ganz besonders, wie wichtig es aber auch für
Europa war. Er spannt einen Bogen von der einen historischen
Entwicklung zur großen Herausforderung der Gegenwart, den es gibt,
den aber viele verdrängt haben. Mit Kleinstaaterei lassen sich die
Krisen nicht bewältigen. Wer sich abschottet, wer in einer
wirtschaftlich und kulturell so eng verzahnten Welt das Heil nur in
der eigenen Nabelschau sucht, verliert.

Auf dem Weg zur Deutschen Einheit bedurfte es neben Geduld und Mut
vor allem auch großer Visionen. Das Zusammenführen der beiden so
ungleichen deutschen Staaten musste vorbereitet und erkämpft werden.
Kaum jemand stellt das Ergebnis heute noch infrage. Auch die
europäische Idee gründet auf einer Vision, doch derzeit fehlt es an
leidenschaftlichen Befürwortern. Dabei ist es die europäische Idee
wert, dass sie nicht nur verteidigt, sondern auch fortgeschrieben
wird. Nun haben sich in der Euro-Krise gravierende Fehler
herausgestellt. Die Folgen spielen den Nörglern in die Hände.
Dennoch, das gilt gerade auch für Deutschland, schafft nur die
weitere europäische Integration Sicherheit und Wohlstand.

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