Schwäbische Zeitung: Die FDP stützt und stürzt – Leitartikel

Die CSU wünscht dem anderen immer dann gerne
gute Besserung, wenn sie darauf hinweisen will, wie krank er ist.
Horst Seehofer macht sich öffentlich Sorgen um die FDP, das ist
berechtigt, denn der Partei geht es miserabel.

Seehofers eigentliche Botschaft aber lautet, dass er notfalls auch
mit den Grünen kann. Solche Überlegungen stärken weder die FDP noch
deren Chef Philipp Rösler. Der wackelt und wankt, und die Frage ist
nicht mehr ob, sondern wie lange er noch FDP-Chef bleibt.

Stürzen oder stützen, diese Frage stellten sich die Liberalen vor
Dreikönigstreffen immer mal wieder, auch schon bei Guido Westerwelle
und Vorgänger Wolfgang Gerhardt. Traditionsgemäß heißt es über
Dreikönig (und vor einer Landtagswahl) dann stützen – danach stürzen.

Doch auch, wenn andere bereits den roten Teppich für ihn
ausrollen, Fraktionschef Rainer Brüderle selbst greift bisher nicht
nach dem FDP-Vorsitz. Er genießt es zwar, dafür gehandelt zu werden,
aber er weiß auch, wie schnell sich ein gutes Image ändern kann.

Sehr viel kampfeslustiger bringt sich seit Neuestem Dirk Niebel in
Stellung. Erst kritisierte er die mangelnde Kampagnenfähigkeit seiner
Partei unter Philipp Rösler, dann will er nicht ausschließen, dass es
im Mai mehrere Kandidaten für den Bundesvorsitz geben könnte. Einer
könnte wohl Niebel heißen.

Doch auch wenn der, genau wie Brüderle, beim Dreikönigstreffen am
Sonntag in Stuttgart klare Kante und Kurshalten beschwören dürfte,
wissen alle, dass auch diese beiden kein Patentrezept zur Lösung der
liberalen Krise haben. In Zeiten der Finanzkrise und der
ungebändigten Märkte reicht der Ruf nach mehr Freiheit nicht, die FDP
muss die Frage beantworten, wie sie Liberalismus neu buchstabiert.

Der mitfühlende Liberalismus, wie ihn Christian Lindner ausrief,
ist eine Idee, aber gewiss nicht die einzige. Der mutig-fröhliche
Liberalismus eines Rainer Brüderle ist ein anderes bewährtes Modell.
So muss die FDP mit vielfältigen Politikansätzen und allen ihren
Köpfen klar machen, wozu sie auch weiterhin gebraucht wird.

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