Schwäbische Zeitung: Die Prüfung muss überprüfbar sein – Leitartikel

Es gibt sie zweifellos, die Zeitgenossen, bei
denen ein dauerhafter Entzug der Fahrerlaubnis die angemessene
Reaktion des Staates ist. Betrunkene Wiederholungstäter, schwer
Drogenabhängige, unbelehrbare Verkehrsrowdies, notorische Gewalttäter
haben am Steuer eines Autos nichts verloren. Die Gesellschaft hat ein
Recht auf Schutz vor solchen Zeitgenossen, der Staat ist
verpflichtet, diesen Schutz bestmöglich zu gewähren.

Aber in der neu entflammten Diskussion um die
Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) geht es nicht um den
quasi harten Kern Unbelehrbarer. Es geht um Menschen, die aus
unterschiedlichen Gründen ins Visier von Justiz und
Straßenverkehrsbehörden geraten sind, und die sich dann subjektiv
einer undurchsichtigen, willkürlichen bis schikanösen Bürokratie
ausgeliefert fühlen. Das sind nicht nur Promillesünder am Steuer. Wer
als Fußgänger oder Radfahrer zu tief ins Glas geschaut hat, kann
genauso zum „Idiotentest“ gebeten werden wie der volltrunkene
Fußballfan. Und dann kann es bitter werden, auch für Menschen, deren
Sünde eine eher lässliche im Sinne eines einmaligen Ausrutschers war.

In der Kritik stehen mehrere Missstände. Erstens: Weil die
Durchfallquote bei der MPU hoch ist, konnte sich eine Szene aus
dubiosen Beratern etablieren, die für teures Geld Vorbereitungskurse
anbieten. Eine Qualifikation müssen diese selbsternannten
Spezialisten nicht vorweisen. Oft schröpfen sie ihre Mandanten, ohne
ihnen echte Hilfe zu bieten. Das muss abgestellt werden. Zweitens:
Während im Prinzip jede Schulnote juristisch überprüfbar ist, gilt
das Ergebnis des psychologischen Teils der MPU als sakrosankt. Auch
Anwälte beklagen, dass bisweilen Sympathie oder Antipathie zwischen
Prüfer und Delinquent eine Rolle spielen können. Es fehlt eine
Überprüfbarkeit der Prüfung. Drittens: Es gibt keinen einheitlichen
Fragenkatalog für die MPU. Auch dies öffnet einer gewissen Willkür
Tür und Tor. Fazit: Die MPU in ihrer jetzigen Ausgestaltung steht
völlig zu Recht in der Kritik.

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