Schwäbische Zeitung: Durchschnaufen in der Koalition – Leitartikel

Das haben Neuwahlen im winzig kleinen Saarland
mit der Stabilität der Großen Koalition in Berlin zu tun? Sehr viel.
Denn die Liberalen argwöhnten, dass die saarländische
Ministerpräsidentin der FDP nicht ohne Rücksprache mit Berlin die
Regierungszusammenarbeit gekündigt hat und eine Große Koalition
anstrebte. Und sie befürchteten das Gleiche auf Bundesebene. Seit
Wochen wird in Berlin über ein vorzeitiges Ende von Schwarz-Gelb
spekuliert. Die FDP verharrt im Tief, Merkel muss sich für die
Zukunft auch nach neuen strategischen Optionen umsehen.

Doch die großkoalitionären Verhandlungen an der Saar sind
gescheitert – und mit einer Mischung aus Schadenfreude und
Erleichterung nimmt die FDP zur Kenntnis, dass die CDU auf die Nase
gefallen ist und vielleicht dort jetzt die Regierung einbüßt. Aus
Sicht der FDP müsste die CDU die Lehre ziehen, dass es sich nicht
lohnt, die FDP zu mobben. Sondern dass es bei klaren Lagern bleiben
muss.

Aber auch der Union kann zurzeit wenig an einem Wechsel gelegen
sein, zumal Angela Merkel ganz andere Probleme anstehen hat. Sie muss
die Euro-Krise bewältigen helfen. Merkel hat sich dabei immer schon
als Pragmatikerin erwiesen. Wenn ganz Europa nach
Finanztransaktionssteuern schreit, bitte schön, dann kann auch sie
sich dafür erwärmen. Und entweder die Steuer erledigt sich auf
europäischer Ebene oder aber die FDP wird Sinn und Nutzen im
europäischen Kontext schon noch einsehen, hofft sie. Ja, das wird die
FDP wohl müssen. Denn sie hat nun wirklich nur noch die Chance, sich
in der Regierung wieder zu berappeln. An der Seite der Union und
nicht im Streit gegen sie.

Und die Union? Wenn es sich rechnet, wird sie weiterhin die
Liberalen an ihrer Seite bevorzugen. Zumal sie bei einem Ende der FDP
das Entstehen einer eurokritischen rechtsliberalen Partei befürchten
müsste. Und wenn die Liberalen weiter schwächeln, wird man der SPD
oder den Grünen ein Angebot machen. Die Freiheit nimmt man sich.

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