Schwäbische Zeitung: Ein Moment des Aufbruchs in Indien – Kommentar

Die Wut und die Trauer über den grausamen Tod
einer 23-jährigen Inderin haben etwas bewirkt. Was nach der
Vergewaltigung der jungen Studentin in Neu-Delhi geschah, zeigt die
Fähigkeit der Inder, die Politik unter Druck zu setzen. Das
unterscheidet Indien von einer Diktatur wie der chinesischen.

Vieles in der Politik und in der Justiz funktioniert noch nicht in
dieser größten Demokratie der Welt. Aber die indische Mittelschicht,
aus der auch das Opfer kam, ist nicht bereit, sich mit der
Entrechtung von Frauen abzufinden. Die Mittelschicht, die seit dem
Ende des sozialistischen Systems in den 90er-Jahren beständig wächst,
hat die finanziellen Mittel und die Artikulationsmöglichkeiten, einen
Wandel zu fordern.

In den vergangenen zwei Wochen wurden mit Demonstrationen und
Sitzstreiks Dinge bewirkt, die vor Kurzem undenkbar waren: eine
beschämte Regierung schützte die Angehörigen des Opfers, eine
wachgerüttelte Justiz leitete ein Verfahren ein. So herrscht, neben
der Trauer um und dem Respekt vor dem Opfer, auch Aufbruchsstimmung.
Indiens Geschichte ist voll von solchen Momenten des erfolgreichen
Aufbruchs.

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