Falls es zutrifft, dass die aktuelle Ehe von Tom
Cruise gescheitert ist, weil der Hollywood-Star ein führendes
Mitglied der Scientology-Organisation ist, so wäre das einerseits
logisch, andererseits bemerkenswert. Für Katie Holmes, die der selbst
ernannten Kirche ihres Mannes zumindest pro forma beigetreten ist,
stellt eine Scheidung womöglich die einzige Chance dar, das
gemeinsame Kind aus den Fängen der Scientologen zu befreien. Das wäre
die logische Reaktion einer Mutter. Dass sie diesen Ausstieg
überhaupt gewagt hat, ist allerdings bemerkenswert. Denn es muss ihr
klar gewesen sein, dass sie mit rüden Reaktionen der
Gesinnungsgenossen ihres Herrn Gemahl zu rechnen hätte. Nur sehr
wenigen Menschen gelingt die Loslösung von diesem mafiösen Verein. Im
Fall der Katie Holmes ist sie wahrscheinlich durch ihre Prominenz
mehr geschützt als andere Opfer.
Üblicherweise bezeichnet man Scientology als Sekte. Das ist
verharmlosend und falsch. Sekten sind im strengen Sinne christliche
Abspaltungen. Und schon gar nicht kann die Organisation als Kirche
durchgehen. Kirche ist die verfasste Christengemeinde. Was ist
Scientology dann? Antwort: Zweifellos ein totalitärer Psychokult mit
Strukturen, die aus den Mitgliedern Täter und Opfer zugleich machen.
Sie stehen in psychischer Abhängigkeit und locken andere Menschen in
dieselbe Abhängigkeit. In vielen Fällen bedeutet die
Scientology-Mitgliedschaft gleichzeitig den wirtschaftlichen Ruin.
Die Leidensgeschichten von Aussteigern sprechen für sich.
Seine Anziehungskraft verdankt Scientology dem Versprechen, der
Himmel auf Erden – insbesondere Erfolg und Reichtum – seien käuflich.
Das ist nicht nur für Schauspieler ein verlockendes Angebot.
Entlarvend auch die Taktik der Scientologen im Kampf um
gesellschaftliche Anerkennung: In einer an Perfidie kaum zu
überbietenden Scheinheiligkeit hat die Organisation versucht, sich in
Deutschland mit den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus
gleichzusetzen.
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