Zum ersten Mal seit Monaten gibt es gute
Nachrichten aus dem ukrainischen Bürgerkrieg. Die Konfliktparteien
wollen miteinander reden und die Waffen schweigen lassen. Sie sind
anscheinend gewillt, einige Grundregeln für ein zukünftiges
zivilisiertes Nebeneinander zu akzeptieren. Das ist eine gute
Nachricht für ganz Europa.
Zuallererst für die Ukraine. Das wichtigste Ziel aller politischen
Bemühungen war es, das Blutvergießen im Osten des Landes zu stoppen.
Der vereinbarte Mechanismus der Deeskalation unter Aufsicht der OSZE
bietet eine realistische Chance auf eine belastbare Waffenruhe. Mehr
noch: Die Vermittler schafften es, die Weichen für eine mögliche
Verfassungsreform in der Ukraine zu stellen, ohne die es im
zerrissenen Land keine Stabilität geben kann.
Es ist bemerkenswert, dass es in Minsk keine klaren Verlierer gab.
Jede Seite konnte den Umständen entsprechend ihr Gesicht wahren. Die
in einem Verhandlungsmarathon gefundene Lösung basiert auf einem
Interessenausgleich. Wie jeder Kompromiss ist sie nicht perfekt.
Außerdem gibt es keine Garantien, dass sich alle an die Abmachungen
halten. Aber das neue Abkommen ist ein wichtiger erster Schritt zu
einem möglichen Frieden und bislang die stärkste Hoffnung darauf, die
extrem gefährliche Konfrontation mit Russland beenden zu können.
Denn der Kreml ist jetzt in einen politischen Prozess eingebunden.
Präsident Wladimir Putin ist anscheinend gewillt, einen Teil der
Verantwortung zu übernehmen. Erstmals seit Langem arbeiten die EU und
Russland nicht gegen- sondern miteinander, im gemeinsamen Interesse.
Das ist vor allem ein Verdienst der Bundeskanzlerin, die als
Pendel-Krisendiplomatin ein erhebliches Risiko eingegangen war, ohne
eine Erfolgsgarantie zu haben.
Angela Merkel hat in Kiew, Moskau, Washington und Minsk ihr ganzes
politisches Gewicht in die Waagschale gelegt und viel gewonnen, für
sich und für Deutschland. Dem Ansehen der Bundesrepublik in Ost und
West wird die Minsker Vereinbarung gut tun – wenn sie denn hält.
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