Nein, es ist nicht der bedeutendste
Diplomatenposten, den die Bundesregierung zu vergeben hat. Und in der
Vergangenheit wurden bisweilen ältere Herren als Botschafter zum
Heiligen Stuhl geschickt, die man einerseits mit einem netten
Altersposten versorgen wollte, die andererseits daheim aus diesen
oder jenen Gründen ins Zwielicht geraten waren. Auf den ersten Blick
– und wenn man es maliziös sehen möchte – passt Annette Schavan in
dieses Schema. Die unselige Geschichte um ihre Doktorarbeit hat den
Ruf beschädigt, und selbst wenn sie den noch schwelenden Rechtsstreit
gewinnen sollte, wäre sie nicht voll, sondern nur halb rehabilitiert.
Dabei ist sie ganz gewiss keine dreiste Betrügerin, allenfalls muss
sie sich vorwerfen lassen, vor Jahrzehnten nicht sorgfältig genug
gearbeitet zu haben.
Beim Heiligen Stuhl aber wird diese Affäre nicht die geringste
Rolle spielen. Dort freut man sich, dass eine hochkarätige
Politikerin, eine hochgebildete Frau und eine engagierte Katholikin
als Botschafterin kommt. Und Annette Schavan wird ihre Aufgabe aus
gutem Grund sehr ernst nehmen: Der Vatikan als Territorialstaat ist
ein Zwerg. Aber sein Oberhaupt ist ein globales politisches
Schwergewicht, nicht nur ein religiöses. Wenige Menschen finden
weltweit so viel Beachtung wie der Papst – gerade dieser Papst
Franziskus.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de
Weitere Informationen unter:
http://