Schwäbische Zeitung: Eine Wahl wie ein Erdbeben – Leitartikel

Angela Merkel hat abgeräumt. Sie hat einen
fulminanten Wahlsieg eingefahren, der an die Zeiten der alten
Bundesrepublik mit drei Fraktionen im Bonner Bundestag erinnert. Ein
Kollateralschaden dieses Triumphes ist das Ausscheiden der FDP, die
seit 1949 immer im höchsten deutschen Parlament saß und damit zum
Grundgestein der Republik gehört.

Damit ist dieser 22. September 2013 mehr als eine Zäsur: Dieser
Wahltag gleicht einem politischen Erdbeben. Die politischen Lager,
die in den vergangenen Jahrzehnten Deutschland geprägt haben,
besitzen nicht mehr die Kraft, eigene Mehrheiten zu erzielen. Das
gilt für Schwarz-Gelb, wie für Rot-Grün. Die Union ist auf
Bundesebene stärker denn je und wahrscheinlich die letzte wirkliche
Volkspartei. Merkels Kanzlerschaft passt zu dem Wunsch nach
Sicherheit, dass es keine Experimente in Zeiten der europäischen
Schuldenkrise geben möge.

Die Liberalen sind weg vom Fenster. Ihr konturenloses und dafür
mit Floskeln verkleidetes Verwalten von Politik reichte einfach
nicht. Rücktritte werden jetzt folgen und an Nordrhein-Westfalens
FDP-Chef Christian Lindner kommt niemand mehr vorbei. Doch ohne eine
Bühne auf Bundesebene wird es auch für Lindner schwierig,
medienwirksam Profil zu zeigen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Wählerwanderung zu den anderen
Parteien klar zeigt, dass viele FDP-Anhänger die Eurogegner von der
AfD angekreuzt haben. Deshalb hat die FDP ihre Schicksalswahl klar
verloren. Es wird sich zeigen, ob sie in Zukunft zu einem
rechtspopulistischen Sammelbecken wird oder ob sie eine Partei der
Mitte bleibt. Dorthin sollten sich auch die Grünen orientieren. Wie
Philipp Rösler sollte Jürgen Trittin seinen Hut nehmen. Sein
Linkskurs ist krachend gescheitert. Wer Umverteilung zulasten des
Mittelstands will, der wählt lieber das Original, nämlich die Linke.
Gerade Baden-Württembergs Grüne müssten nun ihren Realo-Kurs auch auf
Bundesebene durchsetzen. Die Devise muss lauten: mehr Kretschmann,
weniger Trittin.

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