Schwäbische Zeitung: Entscheidung für das Kind – Kommentar

Nein, in Karlsruhe sitzt kein Club libertinärer
rot-grüner Richter, die nichts anderes im Sinn haben, als Multikulti
und Regenbogenfamilien in Deutschland endlich durchzusetzen. Sondern
es sind Richter, die im Sinne des Kindeswohls entschieden haben – und
nichts anderes.

Zwar ging es beim gestrigen Urteil nicht um die Frage, ob
homosexuelle Paare grundsätzlich Kinder adoptieren dürfen. Sondern
erst einmal nur um den konkreten Fall einer sogenannten
Sukzessivadoption. Der neue Lebenspartner nimmt das adoptierte Kind
des Partners als seines an. Die Lage des Kindes verbessert sich, weil
es einen weiteren Verantwortungsträger dazugewinnt, der sich kümmert.

Aber natürlich könnte dieses Urteil wegweisend sein, wenn einmal
homosexuelle Paare auf ein gemeinsames Adoptionsrecht klagen. Denn
auch im vorliegenden Fall hörten sich die Richter ausführlich an, ob
ein Kind mit gleichgeschlechtlichen Eltern schlechter gestellt ist.

Und mit Ausnahme des Deutschen Familienverbandes sagten alle
Experten, dass das Kind gleich gute Chancen hat, dass homosexuelle
Eltern gleich viel Liebe und Sorge geben können. Dass sich die
Erziehung von zwei Müttern oder zwei Vätern auch nicht auf die
spätere sexuelle Orientierung des Kindes auswirkt. Dass behütete
Lebensverhältnisse in einer Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von
Kindern ebenso fördern können wie in einer Ehe. Sprich: Homosexuelle
sind keine schlechteren Eltern.

Wenn sich alle, die heute ihre Bedenken vortragen, dass dies alles
doch nicht normal sei, sich stattdessen darauf konzentrieren würden,
gegen Vorurteile zu kämpfen und Kindern in Lebenspartnerschaften das
Leben so einfach und selbstverständlich wie möglich zu machen, wäre
viel gewonnen.

Familie hat sich verändert, sie wird heute weiter gefasst. Es ist
schade, dass Karlsruhe den Gesetzgeber in dieser Frage immer wieder
vor sich hertreiben muss und gleiche Rechte für Lebenspartnerschaften
einfordern muss. Auch beim Steuersplitting will die Koalition nicht
handeln, sondern das Urteil aus Karlsruhe lieber abwarten. Dabei
steht doch selbst im CDU-Grundsatzprogramm, dass Familie überall da
ist, wo Eltern für Kinder und Kinder für Eltern dauerhaft
Verantwortung tragen.

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