Der Praktikantenstatus ist ein dehnbarer
Begriff: Es gibt Schüler, die ein kurzes Schnupperpraktikum machen,
ihren Kollegen über die Schulter schauen und für Unternehmen
zeitintensiv sind. Es gibt Studenten, die in Pflichtpraktika zum
ersten Mal ihr Gelerntes in der Praxis ausprobieren. Dass solche
Praktikanten noch keinen Mindestlohn erhalten, ist noch zu
rechtfertigen.
Anders ist das bei fertigen Hochschulabsolventen mit Mitte oder
Ende 20 – häufig mit vorangegangener Berufsausbildung und
kostspieliger Auslandserfahrung, für die ein Praktikum das
Sprungbrett zum ersten richtigen Job sein soll. Dass diese Leute
wenigstens Mindestlohn erhalten, ist mehr als überfällig. Schon viel
zu lange werden engagierte, junge Akademiker – ausgenommen die
umworbenen Ingenieure – in begehrten Branchen als billige
Arbeitskraft verheizt. Das darf nicht sein. Sie sind längst keine
Schüler oder Lehrlinge mehr, sondern übernehmen über längere
Zeiträume selbstständig und fachkundig erste eigene Projekte.
Gleichzeitig stehen viele junge Akademiker vor einem Berg
Studienschulden, die sie abstottern müssen. Aber Arbeitgeber erwarten
ganz selbstverständlich erste Berufserfahrung im studierten Fach.
Wenn solche Berufseinsteiger folglich erstmal am Band, in der Kneipe
oder beim Paketdienst jobben müssen, um sich die Erfahrung als
Praktikant im eigenen Fach überhaupt leisten zu können, läuft etwas
gewaltig schief.
Manchen Branchen wird das Überleben ohne billige Dauerpraktikanten
schwerfallen. Vor allem in der Kreativ-, Tourismus- und Kulturbranche
werden einige Betriebe ohne diese idealistischen Nachwuchskräfte,
denen Sinn wichtiger ist als das große Geld, schwer überleben können.
Aber wer sein Geschäftskonzept auf Unterbezahlung aufbaut, verliert
das Gleichgewicht zurecht.
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