Schwäbische Zeitung: Frauen fördern, Frieden fördern – Leitartikel

Tawakkul Karman, Leymah Roberta Gbowee, Ellen
Johnson-Sirleaf – wer soll das sein? Bis gestern haben nur wenige
diese Namen gekannt. Das dürfte sich über Nacht geändert haben. Zum
ersten Mal in seiner Geschichte hat das Nobelkomitee den
Friedenspreis gleichzeitig an drei Frauen verliehen. Eine kluge Wahl,
die hoffentlich Signalwirkung entfaltet. Hebt sie doch hervor, dass
eine friedliche und demokratische Entwicklung von Staaten ohne die
Gleichberechtigung von Frauen nicht möglich ist.

Überrascht hat die Entscheidung ja schon. Man denke nur an die
prominenten Preisträger der vergangenen Jahrzehnte, an Barack Obama
(2009) oder Nelson Mandela (1993). Oder auch an Liu Xiaobo im
Vorjahr, dessen leerer Stuhl bei der Vergabe die Regierung in China
auf die Palme gebracht hat. Frauen gehörten in der 110-jährigen
Geschichte der Nobelpreisvergabe nur 15-mal zu den Ausgezeichneten.
Dass nun drei Frauen aus zwei verschiedenen Kontinenten mit
unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten den Preis bekommen,
spricht daher schon fast für eine salomonische Urteilskraft des
Komitees. Der Preis würdigt einerseits die Rolle von Frauen in
politischen Befriedungsprozessen – siehe Liberia. Andererseits werden
mit der jemenitischen Journalistin Karman auch die Kräfte des
„arabischen Frühlings“ ausgezeichnet. Und auch wenn die drei
Ausgezeichneten nach außen hin nichts verbindet, so verbindet sie
doch ihr Mut, ihre Beharrlichkeit und ihr Einsatz für eine
lebenswerte Zukunft in ihren Heimatländern.

Den sicherheitspolitischen Strategen im Westen sollte diese
Entscheidung ein Denkanstoß sein. Viele Konflikte ließen sich
vermeiden oder zumindest schneller beenden, wenn Frauen weltweit mehr
Rechte hätten – diese These sei gewagt. Denn sie, und ihre Kinder,
sind die Hauptleidtragenden in kriegerischen Auseinandersetzungen.
Wer Frieden fördern will, muss gleichzeitig die Frauen fördern – das
gilt vor allem für Afrika und die islamische Welt. Daran hat das
Nobelkomitee zu Recht erinnert.

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