Schwäbische Zeitung: Gute Gründe gegen Krieg – Leitartikel

Es gibt viel mehr Gründe gegen einen Angriff
auf Syrien als solche dafür. Aber man muss sie erklären, den
Verbündeten und der Welt klarmachen, warum Deutschland nicht dabei
sein will. Stattdessen bestätigt die Bundesregierung gerade mal
wieder das in der Nato verbreitete Bild, die Deutschen wollten zwar
gerne Geschäfte machen und könnten in der Not auch Geld verteilen,
wollten aber sonst in nichts hineingezogen werden, das unappetitlich
werden könnte. Bis heute lacht man bei der Nato über
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Der hatte beim Einsatz
gegen Diktator Gaddafi in Libyen erklärt, Deutschland werde sich
nicht beteiligen, weil er nicht wolle, dass deutsche Soldaten in
Nordafrika sterben.

London und Washington können es offenbar nicht abwarten, dass die
UN-Waffeninspektoren aus Damaskus abreisen und Raketen auf Syrien
niedergehen. Auch jetzt, wo ein Angriff auf das Land wahrscheinlicher
wird, eiert die Bundeskanzlerin herum: der Giftgasangriff müsse
bestraft werden, irgendwie, aber wie, das sagt sie nicht. Warum redet
sie nicht Tacheles und sagt: Schicken die USA Tomahawk-Raketen auf
Ziele in und um Damaskus, wird das den Widerstand des Regimes
stärken, nicht schwächen. Oder: Die Gefahren für Syriens Nachbarn,
speziell für die Türkei und Israel, wachsen, denn die Amerikaner
werden vermutlich keine Chemiewaffendepots zerstören, also werden
diese Waffen dem Regime weiter zur Verfügung stehen. Vielleicht auch:
Die hemdsärmelige Haltung der Briten und der Amerikaner, man könne
Syrien auch ohne Resolution des Weltsicherheitsrates angreifen, ist
mit deutschen Prinzipien unvereinbar.

All das könnten Kanzlerin, Außen- und Verteidigungsminister den
Verbündeten und der Öffentlichkeit mitteilen. Das erfordert Courage
und eine entschlossene Argumentation. Sonst steht Deutschland mal
wieder als ein Land da, das dazugehören will, ohne dabei zu sein, ein
mächtiges Land, das nicht führen mag und den Konflikt mit seinen
Verbündeten scheut.

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