Schwäbische Zeitung: Höchste Zeit zu handeln – Leitartikel

Beinahe jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland
klagt über zunehmenden Stress im Job. Das ist ein Ergebnis des
Stressreports 2012. Dürfen wir uns darüber wundern angesichts einer
Arbeitswelt, die beständig komplexer wird? Nein. Denn die
Beschäftigten sind gerade in einer Dienstleistungsgesellschaft wie
der unseren intellektuell und kommunikativ immer mehr gefordert oder
sollen in zunehmend beschleunigten Arbeitsprozessen immer
eigenverantwortlicher und flexibler handeln. Dabei ist übrigens aber
längst nicht in allen Fällen klar, ob es der Arbeitgeber ist, der
diese Anforderungen an seine Arbeitnehmer stellt oder ob es die
Beschäftigten selbst sind, die sich derart unter Druck setzen. Klar
ist jedoch, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam um
Lösungen bemühen müssen, die den Arbeitsalltag stressfreier werden
lassen.

Dass es dabei höchste Zeit zu handeln ist, zeigt der massive
Anstieg der Fehltage wegen psychischer Probleme in den vergangenen
Jahren: 2001 lag die Zahl der Krankheitstage deutschlandweit nach
Angaben des Bundesarbeitsministeriums noch bei 33,6 Millionen, 2011
blieben Arbeitnehmer in Deutschland mehr als 59 Millionen Mal wegen
psychischer Störungen zu Hause. Daraus ergibt sich – einmal ganz
abgesehen vom Leidensdruck der Betroffenen – für die Volkswirtschaft
ein Ausfall von rund zehn Milliarden Euro gemessen am Gesamtwert
aller hier produzierten Waren und Dienstleistungen. Das Land kann
sich das auf Dauer nicht leisten.

In einer Vielzahl von Unternehmen achten Chefs und Beschäftigte
seit Jahren gemeinsam darauf, dass körperliche Über- und
Fehlbelastungen möglichst verhindert werden. Nun ist es an der Zeit,
dass auch auf die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer geachtet
wird. Es gibt dafür Methoden des Zeit- und Stressmanagements, mit
denen etwa störungsfreie Arbeitszeiten und eine Begrenzung der
beruflichen Erreichbarkeit erreicht werden können. Weitsichtige
Arbeitgeber sind gut beraten, darauf zu setzen. Kluge Arbeitnehmer
auch.

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