Schwäbische Zeitung: Hohes politisches Risiko

Beide gehen ein hohes Risiko ein.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François
Hollande wollen persönlich die weitere Eskalation im Krieg in der
Ostukraine verhindern. Nichts ist bekannt von Vorbedingungen. Nichts
ist bekannt von Signalen aus Kiew oder Moskau, die die
Blitzvermittlung der wichtigsten westeuropäischen Politiker zu einem
Erfolg machen könnten. Scheitert die Initiative aus Berlin und Paris,
über deren Inhalte bislang nur spekuliert werden kann, dann wird es
auf absehbare Zeit keine Chance auf Frieden geben.

Trotzdem oder gerade deswegen sind Merkel und Hollande bereit,
sich in gewissem Maße dem Befinden und Belieben von Russlands
Präsidenten Wladimir Putin auszusetzen. Sie haben sich zu diesem
Schritt entschlossen, obgleich sie wissen, dass bei einem Scheitern
ihrer Diplomatie sie selbst eine schwere politische Niederlage
erleiden.

So werden die Dramatik und die Gefahr der Situation deutlich. Ein
offener Krieg zwischen zwei Staaten in Europa droht. Die USA sind
diplomatisch verbrannt, seit einige Republikaner wie Demokraten
Waffenlieferungen für die Ukraine befürworten und von Russland als
Aggressor wahrgenommen werden.

Es bleibt also die EU. Was die Kriegsparteien zu akzeptieren
bereit sind, ist unklar. Aus französischen Kreisen verlautete, die
territoriale Integrität der Ukraine stehe nicht zur Disposition. Was
könnte also den Separatisten und Moskau angeboten werden? Das
Einfrieren des Status quo? Als Vorbild könnte hierzu der seit
Jahrzehnten ungelöste Moldawien-Konflikt gelten, bei dem es um
Transnistrien geht. Das steht unter russischem Einfluss, hat eine
eigene Regierung und eigenes Militär, gehört völkerrechtlich aber
weiter zu Moldawien. Beide Seiten können damit leben.

Vielleicht wäre das ein Ausweg für eine im Moment ausweglos
scheinende Konfrontation und ein Beleg für eine alte europäische
Erfahrung: Wenn Berlin und Paris gemeinsame Politik betreiben, dann
wird die EU zu einem ernst zu nehmenden Partner.

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