Wie kann es angehen, dass ein südeuropäisches
Land, das die Welt mit Michelangelo, Nabucco und Montepulciano
beglückt, sich wider besseres Wissen politisch zerlegt? Wie können
Bürger, die elegante Autos und vorzügliche Ledermäntel designen, die
obendrein ganz ordentlich Fußball spielen und wunderbar kochen
können, so offensichtlichen Marktschreiern auf der linken wie auf der
rechten Seite folgen und damit ihren Staat demontieren?
Vielleicht, weil der Staat eben nichts mehr gilt in Italien, weil
der Staat als Schmarotzer empfunden wird und eben nicht, wie in
anderen europäischen Ländern, als Bewahrer von Normen, die ein
einvernehmliches Miteinander ermöglichen.
Man schaue sich nur das italienische Wahlsystem an, das mindestens
so kompliziert wirkt wie der Straßenverkehr in Rom oder die
Müllbeseitigung in Neapel: Beide Kammern des italienischen
Parlaments, der Senat und die Abgeordnetenkammer, haben die gleichen
Befugnisse, es gibt komplizierte 8-Prozent- und 20-Prozent-Hürden, da
wird gerechnet und geschachert und am Ende blickt kaum noch einer
durch. Vor allem aber wird dem Bürger klar, dass er eigentlich
ziemlich alleine dasteht.
Italien erwartet nichts mehr von der Politik und schon gar nicht
von Europa. Darum sind die Silvio Berlusconis und die Beppe Grillos
so erfolgreich, obwohl die doch dem frustrierten Wähler das Blaue vom
Himmel versprechen. Umsichtige Sparer, wie Mario Monti und kluge
Mahner, wie Staatschef Giorgio Napolitano, werden in Italien
vielleicht geschätzt, ernst genommen werden sie nicht.
Tragisch ist nicht nur, dass Italien als ernstzunehmender Partner
aus Europa verschwinden könnte. Bedauerlich ist vor allem, dass der
gewaltige und mächtige Rest Europas, der es ernst meint mit Reformen
und einer Stabilisierung des Euro, durch diesen italienischen Klamauk
in Mitleidenschaft gezogen wird.
Die griechische Krise könnte irgendwann einmal wie ein Husten
erscheinen im Vergleich zur Embolie, die uns Italien, die drittgrößte
Wirtschaft der EU, zufügen kann.
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