Ein Personalkrieg um den Eurogruppen-Vorsitz ist
das letzte, was die Europäische Union derzeit gebrauchen kann.
Schließlich handelt es sich um einen Schlüsselposten im Kampf gegen
die Schuldenkrise. Wer soll Vertrauen darin haben, dass die
Euro-Länder Griechenland und die gemeinsame Währung retten, wenn sie
nicht einmal Einigkeit über die Besetzung des Chefsessels in ihrem
Klub erzielen? Der amtsmüde Jean-Claude Juncker hat seinen Rückzug
früh genug angekündigt. Doch weil Frankreich und Deutschland sich
gegenseitig blockierten, blieb die Nachfolgersuche bisher erfolglos.
Da prallen die unterschiedlichen Auffassungen Nord- und Südeuropas
über den richtigen Weg aus der Krise aufeinander. Deutschlands
Finanzminister Wolfgang Schäuble, der den Job gerne hätte, steht für
Spardiktate. Der Pariser Kassenhüter Pierre Moscovici, der auch auf
den Chefsessel spekuliert, redet über Solidarität mit den
Krisenländern und gemeinsame Schuldscheine für die Euro-Zone. Das
Problem: Der Chef der Eurogruppe muss eigentlich zwischen beiden
Fronten vermitteln. Juncker konnte das, weil er als Europas
dienstältester Regierungschef eine Sonderstellung innehat. Ein
anderer Vertreter aus einem kleinen Land hätte Probleme, sich gegen
die Schwergewichte Paris und Berlin zu behaupten. Selbst Juncker
ärgerte sich maßlos über diverse Alleingänge großer Staaten in der
Eurokrise. Ein Ausweg aus dem Dilemma könnte eine
deutsch-französische Rotation sein: Erst bekommen die Südländer ein
Bonbon und Pierre Moscovici führt den Klub der Währungsländer. 2015
übergibt er an den Bundesfinanzminister. Das Gute daran wäre: Die von
Deutschland abgelehnte Vergemeinschaftung der Schuldenhaftung würde
in der Europäischen Union eine Vertragsänderung nötig machen. Und die
wird wohl nicht mehr vor der Europawahl 2014 angegangen. Berlin
könnte beim Rotationsprinzip in einer heißen europäischen Phase im
Sinne der deutschen Interessen den Kurs der Währungsunion bestimmen.
Das wäre nicht das schlechteste Ergebnis.
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