Am einfachsten wäre es, all jene Bürger als
Dumpfbacken zu bezeichnen, die für Pegida in Dresden, Kassel oder
München auf die Straße gehen. Dass obendrein führende Mitglieder der
Alternative für Deutschland versuchen, bei den Dresdner Wutbürgern
auf Stimmenfang zu gehen, macht es den aufgeklärten Empörten sogar
leichter, die Demonstranten abzutun.
Aber soll man denn wirklich, wie es Kirchenobere jetzt
vorschlagen, das Gespräch mit diesen Anhängern von der Bewegung
„Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“
suchen? Wenn der Präsident des Zentralkomitees der deutschen
Katholiken und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in
Deutschland sich dagegen verwahren, Pegida-Anhänger zu verurteilen,
dann ist das noble Christenpflicht. Aber mit denen reden?
Viel bedeutsamer, als dem islamophoben Pegida-Menschen die Angst
vor dem Flüchtling von nebenan zu nehmen, ist es wohl, all jene
anzusprechen, die ein Unbehagen verspüren, aber nicht Pegida
hinterherlaufen. Die rasante Veränderung gilt es zu thematisieren,
die unsere Gesellschaft durchläuft. Dieses Land wird bunter und
unübersichtlicher, der Alltag wird schneller und hektischer, die
Informationen immer überwältigender. Bei Pegida muss sich das ungute
Gefühl einen Schuldigen suchen. Das ist heute der Muslim, so wie es,
darauf wies gerade der Zentralrat der deutschen Juden hin, früher
immer wieder die Juden waren.
Klarheit zu schaffen, wo Verschwörungstheorien blühen, Wichtiges
von Unwichtigem zu trennen und Zusammenhänge zu erklären, ist die
Aufgabe von Politik, Medien und Schulen. Dass der Flüchtling von
nebenan eben kein Islamist ist, dass Deutschland sich weiterhin an
einem christlich-jüdischen Menschenbild ausrichtet, auch wenn immer
mehr Muslime hier leben, muss erklärt werden. Nur die Pegida-Macher
als „Dumpfbacken“ abzutun, verharmlost die Aufgaben, die vor uns
stehen. Wer weiter in einer freien und toleranten Gesellschaft leben
will, der muss erklären. Pegida kann das nicht. Wir können es.
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