Schwäbische Zeitung: Kommentar: Das ging jetzt schnell

Hans-Peter Friedrich hat nicht etwa seine
Doktorarbeit gefälscht, er hat keine außereheliche Affäre gehabt oder
die Bundeskanzlerin allzu frech herausgefordert: Nein, er hat –
vermutlich mit einer Mischung aus Chuzpe und vorübergehender
Umnachtung – ein Geheimnis preisgegeben. Er hat so dem Ansehen der
Politik Schaden zugefügt. Bei einem solchen Vergehen scheint die
Kanzlerin weniger nachsichtig zu sein, als bei Sünden wie den
vorgenannten.

Alles andere als ein Rücktritt Friedrichs wäre für die sich gerade
zusammenraufende Große Koalition schädlich gewesen. Wenn ein
Politiker Geheimnisse preisgibt, die ihm qua Amt zugetragen wurden,
belastet das das Verhältnis zwischen der die Politik bestimmenden
Regierung und den ausführenden Organen wie Polizei und
Geheimdiensten.

Der 56-jährige Oberfranke hat als Innenminister von Anfang an
gezeigt, dass er eigentlich überhaupt keine Lust auf die Migrations-
und Geheimdiensthemen hatte, mit denen er sich befassen musste.
Entsprechend unglücklich agierte er etwa in der NSA-Affäre bei seinen
Besuchen in Washington. Darum ist es von persönlicher Tragik, dass
der Jurist mit seinem Wunschposten als Landwirtschaftsminister
eigentlich sein Wunschressort gefunden zu haben schien.

Bleibt die Frage, was CSU-Chef Horst Seehofer nun zu tun gedenkt.
Mit CSU-Ministern im Bundeskabinett – zu Guttenberg, Ramsauer,
Friedrich -, hat sich der bayerische Ministerpräsident mittlerweile
so oft vergriffen, dass die Bundeskanzlerin das bald persönlich
nehmen könnte.

Am Samstag ist der kleine CSU-Parteitag in Bamberg angekündigt: Da
dürfte Seehofer vermutlich ordentlich poltern und die Schuld an
Friedrichs Missgeschick in Berlin suchen. Bayern und Seehofer wird
nach dessen Lesart natürlich keine Schuld treffen, schließlich stehen
Kommunalwahlen an.

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