Jede schöne Party ist mal vorbei, auch die zum
Jahrestag des Mauerfalls: Biermann hat gesungen, leuchtende Ballons
sind in den Himmel über Berlin gestiegen. Michail Gorbatschow will
heute Angela Merkel besuchen, vermutlich wird er im Kanzleramt seine
Warnung vor einem neuen Kalten Krieg zwischen Ost und West
wiederholen.
Wenn die Freude über den Glücksfall Mauerfall eines klargemacht
hat, dann ist es die Verantwortung, die Deutschland aus diesem Wunder
erwächst. Gibt es eine Nation auf der Welt, die in der überschaubaren
Gegenwart etwas Vergleichbares erlebt hat? Möglich gemacht haben
Mauerfall und Deutsche Einheit die Demokratiebewegung in der DDR, die
Kirchen in Ostdeutschland, vor allem aber die polnische Gewerkschaft
Solidarnosc und der letzte Generalsekretär der Kommunistischen Partei
der Sowjetunion, Michail Gorbatschow.
Anders als vor 25 Jahren hoffen heute europäische und
amerikanische Partner auf ein Deutschland, das sich aktiver
einbringt. Nicht nur mit seinen stets willkommenen Euros, sondern
auch mit der Gestaltung von Politik, durch das Nachdenken über Krisen
in der Ukraine, im Nahen Osten, am Hindukusch, in Westafrika. Einiges
ist in Bewegung gekommen, nicht zuletzt durch den Bundespräsidenten
und seine Forderung, dieses Land möge nicht mehr abseits stehen. Die
Bundeskanzlerin macht derzeit mehr Außenpolitik, als dass sie sich um
Nationales kümmert. Ihr Außenminister ist seltener in Berlin als
seine Vorgänger, weil er zwischen Kinshasa, Wien und Ramallah
unterwegs ist.
Der Mauerfall vor einem Vierteljahrhundert habe, schreibt das
britische Magazin „The Economist“, ein weltweites Versprechen auf
Freiheit symbolisiert. Das steinerne Monstrum in Berlin teilte nicht
nur eine Stadt und ein Land, sondern einen Kontinent und die Welt.
Dass es Deutschland heute gut geht, vielen anderen aber nicht, ist
darum Mahnung zur Demut und Auftrag zum Handeln. Natürlich für die
Regierung in Berlin, aber vor allem für die Menschen, die in diesem
Land leben.
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