Schwäbische Zeitung: Kommentar: Triumph der Populisten

Es war absehbar, dass es knapp werden würde.
Die Rechtspopulisten von der Schweizerischen Volkspartei hatten in
den vergangenen Wochen ordentlich Boden gut gemacht. Dennoch
überrascht das Abstimmungsergebnis über die Personenfreizügigkeit.
Man hat es den Schweizern – die ja angeblich hinter dem Geld her sind
wie der Teufel hinter der armen Seele – nicht zugetraut, die
Warnungen der Wirtschaft vor Wohlstandsverlust in den Wind zu
schlagen. Doch bei dieser Abstimmung hat offensichtlich der Bauch
über den Kopf gesiegt.

Obwohl die SVP-Initiative erst einmal gar nichts bringt, und vor
allem keine Probleme löst, haben sich die Stimmberechtigten mit einer
hauchdünnen Mehrheit dafür entschieden. Die Strategie der
Rechtspopulisten ging auf: Die Unzufriedenheit über die
Begleiterscheinungen offener Grenzen ist größer als die Angst, wieder
einmal als eidgenössische Eigenbrötler zu gelten.

Es ist ein Tiefschlag für die Koalition der Initiativgegner aus
Politik, Wirtschaft und Kirchen: Sie haben unterschätzt, wie
ausgeprägt das Gefühl der Leute ist, vom Ausland überrannt zu werden.
Nicht anders sind die Ergebnisse im Tessin, aber auch in den
Grenzkantonen St. Gallen, Thurgau und Schaffhausen zu erklären. In
einem Land, wo Rechtspopulisten die stärkste Kraft sind, rächt sich
solche Ignoranz gegenüber Stimmungen doppelt. Die SVP kann nun als
Triumph feiern, was doch nur ein Versagen der Politik ist.

Wie die Europäische Union auf diesen Affront reagieren wird, ob
sie die anderen Abkommen mit der Schweiz auf Eis legt, ist ungewiss.
Klar ist jedoch: Die Schweiz, die seit jeher ihr Extra-Süppchen in
Europa kocht, befeuert jene Debatten um Abschottung innerhalb
Europas, die dem Geist der Europäischen Union grundlegend
widersprechen. Das Ergebnis ist leider Wasser auf die Mühlen
derjenigen, die auch in Deutschland mit Schlagworten wie
Armutszuwanderung und Ausbeutung der Sozialsysteme auf Stimmenfang
gehen. Bloß gut, dass die direkte Demokratie in solchen Fragen hinter
der Schweizer Grenze bleibt.

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