Er polarisiert und spaltet. Aber so stark und
beinahe allmächtig, wie er sich jetzt sieht, ist er nicht. Auf den
ersten Blick ist der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan
der klare Sieger der Kommunalwahlen. Seine AKP-Partei hat landesweit
auf 45 Prozent zugelegt. Das macht deutlich: Seine Anhänger trotzen
den massiven Korruptionsvorwürfen, die gegen Erdogan und seine
engsten Mitstreiter laut geworden sind. Sie folgen dem Volkstribun.
Für sie sind Straßen und Infrastruktur wichtiger als bürgerliche,
westliche Freiheiten. Mag Erdogan doch das Internet zensieren, viele
der AKP-Wähler in ländlichen Gebieten wissen gar nicht, was Twitter
oder Youtube überhaupt bedeuten. Für sie ist Erdogan der Mann, der
den wirtschaftlichen Aufschwung verkörpert und der sie bei ihrem
Nationalstolz packt. Sollte es zu Verhaftungswellen von
Oppositionellen kommen, wie die scharfe Rhetorik Erdogans befürchten
lässt, muss sich die EU fragen, ob sie die Beitrittsverhandlungen
Türkei-EU nicht bremsen sollte. Dass solche Gespräche Erdogan adeln,
meint nicht nur die Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün. Der
konservative Islamist scheint mächtiger denn je, aber auf den zweiten
Blick relativiert sich der Wahlsieg. Zum einen gibt es viele Berichte
über Wahlmanipulation, zum anderen wächst mit der sozialdemokratisch
orientierten CHP der islamischen AKP ein Gegner heran. Der Türkei
droht Instabilität. Kein gutes Omen in einer Region, in der es
bereits lichterloh brennt.
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