Schwäbische Zeitung: Kommentar zum NSU-Prozess – Nicht nur auf die Polizei schauen

Opferanwalt Mehmet Daimagüler ist enttäuscht.
Bei der Themenliste, was die Deutschen so beschäftige, stehe das
Wetter ganz oben, auch über die NSA redeten noch viele, aber das
Thema NSU tauche nicht auf. Er hat recht. Das beispiellose Versagen
der Sicherheitsbehörden bei zehn Morden quer durch die Republik
interessiert nicht wirklich viele. Die Empörung folgt immer dem
gleichen Muster. Geschieht irgendwo eine schwere fremdenfeindliche
Straftat, ist das Entsetzen groß, vor allem, wenn noch Kinder
betroffen sind. Es gibt Lichterketten, Diskussionen und vielleicht
sogar einen Aufstand der Anständigen. Dann aber ruht das Thema
wieder.

Die viel beklagte Einseitigkeit im Denken der NSU-Ermittler, die
Überzeugung, dass nur Ausländer die Schuldigen sein können, die gibt
es aber nicht nur bei der Polizei oder dem Verfassungsschutz. Die ist
Alltag in Deutschland. Offen bleiben für Neues, die Frage nach dem
Woher und Wohin, und das Reden nicht nur über, sondern mit
Ausländern, das ist die wahre Lehre des NSU-Ausschusses. Die Reformen
bei Polizei und Verfassungsschutz sind da fast Nebensache.

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