Alle haben das Duell geschaut, manch– eine
Redaktion scheint sich überschlagen zu haben vor lauter Aufregung.
Unser neuer Online-Chef, der jahrelang aus London für die Schwäbische
Zeitung berichtet hat, sagte am Montag nur: „Das TV-Duell
Merkel-Steinbrück wäre aus englischer Sicht ein Misserfolg. Sachlich
und informativ ja, aber zu steril, nicht menschlich genug, kaum
Interaktion der Politiker, zu wenig Polemik, zu viel pseudolockeres
Raab-Geschwafel.“
Mit anderen Worten: Das Duell war keines, es war ein Langeweiler.
Das hatten die meisten auch erwartet, denn bereits im Vorfeld war ein
Konsens ausgehandelt worden. Die Parteizentralen hatten mühselig bis
ins kleinste Detail das Vorgehen mit den Fernsehmächtigen abgestimmt.
Die Profis wussten, dass die Diskussion nicht wahlentscheidend werden
würde und deshalb ging es nur noch darum, wie sich ein Außenseiter
unterhaltungstechnisch gegen die aktuelle und wahrscheinlich
zukünftige Amtsinhaberin schlägt.
Was sagt dieses Duell aber über uns, über die Gesellschaft aus?
Der gelernte Metzger Stefan Raab lieferte brav und nannte den
Merkel-Herausforderer Steinbrück den „King of Kotelett“. Manch einer
mag so einen Schenkelklopfer mögen, nur was hat das mit der
Qualifikation eines Bewerbers zu tun, der die größte Industrienation
Europas regieren will? Auch war die schwarz-rot-goldene Halskette der
Kanzlerin recht hübsch anzuschauen. Allein: Was soll die mit
Regierungskunst zu tun haben?
Deutschland sollte sich langsam fragen, ob vier Moderatoren bei
zwei Kandidaten nicht drei zu viel sind, wenn es darum geht,
politische Willensbildung zu betreiben. Anstatt wie gebannt auf die
Sanduhr zu blinzeln, sollte ein echtes Duell auch echte Argumente und
Emotionen zulassen. Dass die TV-Macher anschließend auf ihren Sendern
in einer Art Nachklapp-Show ihr Tagwerk in den Himmel lobten, lässt
eine Frage aufkommen: Um was ging es bei diesem TV-Duell eigentlich?
Um Eitelkeit? Um Einschaltquote? Oder um unser Land?
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